«Shwule Grüsse vom Balkan» (33) – Die WM-Kandidatur

Das Abenteuer in Rio nimmt seinen Lauf …

Symbolbild: Xi Ya/dpa
Symbolbild: Xi Ya/dpa

Noch läuft die WM in Katar. Und längst werden die Fäden für die künftigen Turniere gesponnen und gezogen. Und Jascha ist mittendrin.

Was bisher geschah … 

«Und was willst du nun von mir?», fragt Jascha angefressen, als ihm Alen als Kontaktmann von Alpminera in Rio gegenübersteht: «Ich hab’s nicht so mit Verrätern: Du hast dich an meinen Bruder Aleks rangemacht, um mich als Fussballprofi in den Dreck zu ziehen, indem du meine HIV-Infektion preisgibst», quittiert Alen Jaschas giftige Attacke trocken.

Jascha schweigt und nickt: «Du hast recht. Ich habe euch hinters Licht geführt und dadurch massiv geschadet. Das tut mir leid. Ich weiss, es macht das Geschehene nicht ungeschehen, wenn ich sage, dass ich heute ein anderer Mensch bin. Ich bin nicht mehr der Boulevardjournalist von früher, der zahlreiche Storys aufgebläht, geschönt oder gänzlich erfunden hat, damit die Klickrate stimmt.» Alen ergänzt anerkennend: «Ich sehe schon, du bereust einiges. Allerdings will ich, dass du das fühlst, was ich erlebt habe: Erniedrigung, Demütigung und Blossstellung.»

Jascha schluckt und entgegnet: «Dann erniedrige mich hier und jetzt in Rio am Carioca Square!» Alen lächelt süffisant: «Das wäre etwas zu leicht … Hier kennt dich doch niemand! Du hast mich um Jahre altern lassen und meine Karriere in Gefahr gebracht. So leicht kommst du mir nicht davon!» Jascha nickt, während er seinen Kopf zur Brust senkt: «Es tut mir wirklich leid. Ich verstehe es, wenn du mich dafür büssen lässt. Wie kann ich das wieder gutmachen?»



Alen ist etwas überrascht ob Jaschas Demut und hält kurz inne, ehe er fortfährt: «Dein erster Auftrag lautet: Geh zum Benediktinerkloster São Bento. Das ist rund eine Viertelstunde zu Fuss von hier. Dort erwartet dich der Abt. Er hat weitere Instruktionen für deinen Alpminera-Auftrag.» «Das ist alles? Werde ich jetzt dauernd von Pontius zu Pilatus geschickt, um meinen Job machen zu können?», ruft Jascha Alen hinterher, der ihn – ohne sich umzudrehen – winkend zurücklässt.

Jascha durchfährt gerade ein Gefühl der Ohnmacht und Einsamkeit, auch wenn er sich mitten auf einem belebten Platz in Rio befindet. Es bleibt ihm allerdings nichts anderes übrig, als sich zum Kloster São Bento aufzumachen. Dort angekommen, merkt er, dass das Kloster ein Touri-Magnet ist. Menschen aus aller Welt knipsen um die Wette und bewundern die prunkvollen Holzvertäfelungen, Malereien und Skulpturen im Inneren der Basilika. Dabei schaut das Kloster von aussen so gar nicht nach Prunk aus: Es strotzt vor brachialer Nüchternheit, als stünde es in einem Moskauer Viertel.

Er tappt durch die Basilika und staunt selbst über das Kunsthandwerk, als er eine Hand auf seiner rechten Schulter spürt, die ihn sanft berührt. Jascha dreht sich um. Vor ihm steht ein hagerer Mann in den Fünfzigern, eine einfache schwarze Kutte tragend: «Kommen Sie mit. Ich bin Alens Kontaktperson.»

In Gedanken stellt sich Jascha vor, über ein unscheinbares Türchen des Klosters zu einem geheimnisvollen Raum zu gelangen, wo ihm der Abt den Auftrag erklärt. Doch der Abt führt ihn hinaus vors Kloster, wo sie beide ein gelbes Taxi mit blauen Streifen an den Seiten besteigen. «Wissen Sie, je unauffälliger Sie sich bei Ihrem Auftrag verhalten, desto besser für Sie.»

Mit einem Schlag wischt der Abt Jaschas Fantasie eines Spionage-Thrillers aus seinem Kopf: «Klar, James Bond und so wären wohl zu auffällig», pflichtet Jascha seinem Kontaktmann bei, der daraufhin nickend zurücklächelt. Nach einer knappen halben Stunde Taxifahrt steigt Jascha mit dem Abt beim JW Marriott Hotel an der Copacabana aus. «Folgen Sie mir unauffällig», mahnt der Abt Jascha an, worauf ihm Jascha anstandslos folgt.

Im Inneren des Hotels nehmen beide den Aufzug in die oberste Etage. Am Ende eines langen Ganges erwartet sie ein Sicherheitsangestellter in einem marineblauen Designeranzug und mit Sonnenbrille. ‹Ok, nun wird’s doch noch James-Bond-mässig›, denkt sich Jascha, während er zusammen mit dem Abt am Sicherheitsangestellten vorbei in die Suite marschiert.

In der Suite angekommen empfängt sie ein höflicher und vornehmer Mann, dessen Erscheinungsbild so perfekt ist, als stammte er aus einem 3D-Drucker: «Meine Herren, schön, dass Sie da sind. Bitte setzen Sie sich. Mein Name ist Fei Zhang. Ich stamme aus Shenzhen, einer Unterprovinzstadt der Provinz Guangdong der Volksrepublik China. Ich bin offizieller Vertreter des Sportministeriums. Unser Land hat vor, sich für die Fussballweltmeisterschaft 2030, spätestens 2034, zu bewerben. Dabei sind wir sehr an Ihren Diensten interessiert!»

Kommt die Fussball-WM 2030 nach Saudi-Arabien? Der Sportminister des Landes gibt erschreckende Werbe-Interviews, etwa was homosexuelle Gäste betrifft (MANNSCHAFT berichtete).

*Wir schreiben in dieser Kolumne «shwul» statt «schwul», um den Balkan-­Slang wiederzugeben. Weitere Hintergründe zur Kolumne «Shwule Grüsse aus dem Balkan» erfährst du im Interview mit dem Autor Predag Jurisic

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