Schwuler Sexfilm auf Akropolis gedreht – als LGBTIQ-Protestaktion

Aktivist*innen haben vorm Parthenon in Athen einen Kurzfilm gedreht, der für heftige Diskussionen sorgt

«Griechisch» galt über Jahrhunderte als Synonym für schwulen Sex (Symbolfoto: Leo und Lance aus dem gleichnamigen Film von William Higgins von 1983, Laguna Pacific/Catalina; aus dem Buch «Porn: From Andy Warhol to X-Tube» / Bruno Gmünder Verlag)
«Griechisch» galt über Jahrhunderte als Synonym für schwulen Sex (Symbolfoto: Leo und Lance aus dem gleichnamigen Film von William Higgins von 1983, Laguna Pacific/Catalina; aus dem Buch «Porn: From Andy Warhol to X-Tube» / Bruno Gmünder Verlag)

Die Akropolis in Athen mit dem majestätischen Parthenon-Tempel gehört zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Griechenlands und ist eines der wichtigsten Kulturgüter der Welt, u. a. von der UNESCO geschützt. Genau dort haben LGBTIQ-Aktivist*innen einen Sexfilm gedreht mit dem Titel «Die Deflorierung des Parthenon».

Behörden in Griechenland untersuchen derzeit einen ungewöhnlichen Fall: ein schwuler Sexfilm wurde im Bereich des historischen Monuments gedreht, während Touristen im Hintergrund umherlaufen.

Der 36-minütige Film trägt den Titel «Xeparthenon» – ein Wortspiel mit den Begriffen Parthenon und Entjungferung/Deflorierung. Der Film wurde zuerst Mitte Dezember an der Aristoteles Universität von Thessaloniki gezeigt. Die Behörden und damit auch die breitere Medienöffentlichkeit erfuhren jedoch erst im Januar davon. Seither tobt eine Debatte, wer hinter dem Film steckt, wieso eine schwule Sexszene vor den Augen der Öffentlichkeit auf der Akropolis gefilmt werden konnte und wie damit nun weiter umzugehen sei.

Parthenon
Parthenon

Laut übereinstimmenden Medienberichten zeige der Film zwei schwule Männer, deren Gesichter verdeckt sind, beim Sex in der archäologischen Anlage, zu einem Zeitpunkt, als diese mit Touristen gefüllt war.

Die anderen Mitwirkenden des Films hätten demnach einen Kreis um die Protagonisten gebildet, um diese zu verdecken. Sie sollen so getan haben, als würden sie Fotos vom antiken Monument machen, während reguläre Besucher*innen vorbeilaufen.

Zum Film gehört ein langes schriftliches Statement der Macher*innen, die sich selbst als LGBTIQ-Aktivist*innen bezeichnen. Es wurde am 23. Dezember veröffentlicht. Der Greek Reporter zitiert daraus: «Wir haben das gemacht, weil wir es wollten. Einige von uns müssen physische und verbale Gewalt erdulden, wegen der Art und Weise, wie wir unsere Sexualität ausdrücken. Wir werden unsere Liebe und Sexualität jedoch so ausleben, wie wir wollen, und wir werden unsere Existenz in der Öffentlichkeit verteidigen, ebenso alle anderen Sexualitäten, die die Selbstbestimmtheit unserer Körper nicht verletzen.»

Wir werden unsere Liebe und Sexualität so ausleben, wie wir wollen, und wir werden unsere Existenz in der Öffentlichkeit verteidigen

Die Wahl des Parthenons als Schauplatz für ihren Aktivismus sei «kein Zufall», heisst es weiter. «Für viele fungiert es als ein Symbol des Nationalismus, der Kommerzialisierung, von Massenkultur und Puritanismus.» Es sei, schreibt der Greek Reporter, der steingewordene Träger einer heteronormativen Botschaft.

Inzwischen habe sich das Kulturministerium eingeschaltet und wolle «so schnell wie möglich» herausfinden, wer für diese nichtgenehmigten Filmaufnahmen verantwortlich sei, heisst es. Das Ministerium habe keine Erlaubnis erteilt, an diesem historischen Ort zu drehen. (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass das Kulturministerium jetzt erstmals einen offen schwulen leitenden Sekretär hat.)

Weiter verkündet das Ministerium: «Die archäologische Anlange der Akropolis ist nicht geeignet für irgendeine Form vom Aktivismus oder von anderen Aktivitäten, die Anstoss erregen könnten oder von Respektlosigkeit gegenüber dem Denkmal zeugen.»

Der Präsident der Griechischen Schauspielervereinigung, Spyros Bibilas, wird vom Greek Reporter zitiert mit den Worten: «Man kann nicht alles tun, was man will, im Namen von Aktivismus. Um genau zu sein, betrachte ich das nicht als Aktivismus. Als Grieche schäme ich mich dafür.»

Man kann nicht alles tun, was man will, im Namen von Aktivismus. Als Grieche schäme ich mich dafür

Im griechischen Fernsehen sagte Bibilas (rechts auf dem nachfolgenden Instagram-Bild): «Niemand darf den heiligen Felsen der Akropolis für sogenannte aktivistische Aktivitäten oder vermeintlich revolutionäre Taten benutzen, die sowohl dumm als auch unmoralisch sind.» (MANNSCHAFT berichtete, warum es 2021 in Griechenland plötzlich viele «Professionelle Homosexuelle» gab.)

Allerdings sind die archäologischen Museen in Athen voll mit historischen Objekten, die homoerotische Szene zeigen, oftmals auch Sex zwischen Männern.

Im Katalog «A Little Gay History», den das British Museum herausgegeben hat (wo grosse Teile des Original-Reliefs vom Parthenon stehen), heisst es unter der Kapitelüberschrift «Greek Men Together»: «Intimität zwischen Männern war in einigen griechischen Stadtstaaten der Antike kulturell akzeptiert. Sexuelle Beziehungen zwischen Männern sind berühmt dafür, dass sie im Athen des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. zelebriert wurden. Wie fast alle sozialen Beziehungen damals waren sie strukturiert nach Alter, es galt das Ideal des geliebten jungen Mannes um die 18 oder 19, aber es gibt auch Zeugnisse von länger währenden Beziehungen zwischen älteren Männern. Erotische Szenen schmückten Trinkbecher und andere Haushaltsgegenstände.»

A Little Gay History
A Little Gay History

Dass Personen wie Bibilas solche ebenfalls zur Nationalgeschichte gehörenden Aspekte jetzt ausblenden und von den Sexszenen als «Schande» sprechen, verrät viel über deren eigene Geisteshaltung.

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