Riccardo Simonetti: «Ich war sehr hungrig darauf, Teil dieser Welt zu sein»

Seine neue Sendung «Salon Simonetti» läuft auf ARD und WDR

Entertainer Riccardo Simonetti bei der Prosieben-Show «The Masked Singer» am Ratepult. (Bild: dpa)
Entertainer Riccardo Simonetti bei der Prosieben-Show «The Masked Singer» am Ratepult. (Bild: dpa)

Der 29-Jährige gilt momentan als einer der angesagtesten Entertainer im Land. Nun bekommt er eine ARD-Show, in der «Haltung auf Unterhaltung» treffen soll. Er hält sie für dringend notwendig.

Riccardo Simonetti kann ihn ganz gut nachzeichnen, den Weg, der ihn nun in seinen eigenen «Salon» geführt hat. Er fing vor ungefähr 25 Jahren an. Damals stand Simonetti, ein Junge aus Bad Reichenhall, mit vier Jahren auf der Bühne eines Bauerntheaters und spielte einen Holzfäller. Seitdem habe er versucht, jeden Tag «einen Schritt weiter» zu kommen, erzählt er. Beim Theater, beim Radio, beim Fernsehen. «Ich war sehr hungrig darauf, Teil dieser Welt zu sein», sagt Simonetti. «Extrem» viel Arbeit sei das gewesen. Man merkt: Die Vom-Holzfäller-zum-Entertainer-Anekdote ist ihm durchaus wichtig.

Warum es wichtig ist? Weil viele Leute – die ihn etwa im ProSieben-Prominentenquiz «Wer stiehlt mir die Show?» sahen – wohl denken könnten, dass Riccardo Simonetti jemand ist, der erst vor Kurzem und irgendwie zufällig in den deutschen Medien-Betrieb gepurzelt ist. Und weil es in seiner neuen Sendung auch darum geht: Was ist meine Geschichte? Und was ist meine Lebensrealität?

Riccardo Simonetti
Riccardo Simonetti

Sie heisst «Salon Simonetti» (MANNSCHAFT berichtete). In der Nacht zu Freitag zeigt die ARD die erste Folge. Das WDR Fernsehen strahlt die Personality-Show zudem am Freitagabend aus. In der Mediathek ist sie bereits ab Donnerstag abrufbar. Mit prominenten Gästen soll darin «Haltung auf Unterhaltung» treffen, wie Simonetti es formuliert, der sich für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt einsetzt. Die Perspektive sei «auch aber nicht nur» queer, heisst es in der Ankündigung.

Zum Start sind der «Quatsch Comedy Club»-Wegbereiter Thomas Hermanns und Alex Mariah Peter zu Gast, die 2021 als erste trans Frau das Format «Germany’s Next Topmodel» gewann (MANNSCHAFT berichtete). Unterbrochen wird der Talk in edler Salon-Atmosphäre (Simonetti: «Die Möbel habe ich selbst mit ausgesucht») mit lustigen Einspielern.

Es ist eine Sendung, wie ich sie früher gerne gesehen hätte. Und die ich nach wie vor für notwendig halte

«Ich wurde gefragt, ob es das noch im Fernsehen braucht. Also eine Sendung mit zwei queeren Menschen, wie zum Beispiel in der ersten Folge. Das sind ja die Themen, über die ich sowieso schon viel spreche», sagt Simonetti, der einst als Blogger bekannt wurde. Seine Antwort sei: natürlich. «Die öffentlich-rechtlichen Sender sind noch mal ein anderes Publikum, ein erwachseneres Publikum. Auch diese Generationen haben es verdient, in diese Diskurse inkludiert zu werden», sagt er. «Es ist eine Sendung, wie ich sie früher gerne gesehen hätte. Und die ich nach wie vor für notwendig halte.»

Durch-ironisiertes, unpolitisches Gaga-Fernsehen, wie man es aus den 90er Jahren noch kannte – das ist mit ihm eher nicht zu machen. Stichwort Haltung. «Ich würde mir eigentlich auch wünschen, nur Entertainer sein zu können. Ich würde mir wünschen, eine Sendung zu machen, die mich einfach nur zum Lachen bringt», sagt er. Aber in diesen Zeiten, im Jahr 2022, sei das nicht so einfach. Er könne nicht nur Entertainer sein, er müsse auch «gesellschaftliche Themen in den Fokus rücken, um Steine aus dem Weg zu räumen», sagt er.

Mein Ziel ist es, diese Türen aufzumachen und dafür zu sorgen, dass sie offen bleiben

Diese Steine kennt er nur zu gut. Am Anfang habe er auch beim Fernsehen Ablehnung erlebt. Dass Publikum sei «noch nicht so weit», hiess es dann. «Es waren sehr viele Türen verschlossen, die für andere Menschen von Natur aus offen standen», sagt er. «Mein Ziel ist es, diese Türen aufzumachen und dafür zu sorgen, dass sie offen bleiben.»

Diversität, Vielfalt, die Sichtbarkeit verschiedener Lebensrealitäten, das wird wohl auch nach «Salon Simonetti» sein Thema bleiben, von dem zunächst fünf Folgen geplant sind. Über die Verhältnisse in Deutschland dürfe man sich jedenfalls keine Illusionen machen. Simonetti sagt, dass sich die Dinge, er vor 15 Jahren auf dem Schulhof hörte, oft jenen glichen, die nun unter seinen Instagram-Bildern zu finden seien.



«Mein Leben ist heute natürlich viel privilegierter», sagte er. «Und trotzdem schafft es jeder Hinterwäldler, mir in Social Media das Wort ‹Schwuchtel› an den Kopf zu werfen.» Es sei «ein ewiger Kampf». Der nun von einem ehemaligen Holzfäller geführt wird.

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