«Neubau» erzählt schwules Leben als neue Selbstverständlichkeit

Kritikerpreis für Film «The Trouble with Being Born»

Foto: Salzgeber
Foto: Salzgeber

Als einziger deutscher Filmpreis, der ausschliesslich von Kritiker*innen vergeben wird, zeichnet der Preis der deutschen Filmkritik Werke ausschliesslich nach künstlerischen Massstäben aus.

Mit dem Preis für das beste Debüt wurde Johannes Maria Schmits «Neubau» geeehrt. Er erzähle schwules Leben als neue Selbstverständlichkeit, hiess es. Im Januar 2020 feierte «Neubau» seine Uraufführung im Spielfilm-Wettbewerb des Filmfestivals Max Ophüls Preis. Dort wurde er als Bester Spielfilm ausgezeichnet und dabei von der Jury besonders für seine «Kraft Empathie zu erzeugen» gelobt. Tucké Royale, der letztes Jahr bei Actout mitmachte (MANNSCHAFT berichtete) erhielt zudem für sein Buch und Schauspiel den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film.

Zum Inhalt: Markus lebt in der Brandenburger Provinz. Seine Mutter ist früh verstorben, der Vater ging schon vor seiner Geburt in den Westen. Als Familie bleiben ihm seine geliebte Grossmutter Alma und deren Partnerin Sabine. Die beiden wohnen ein paar Dörfer weiter und sind auf ihn angewiesen: Alma, weil sie dement ist, und Sabine, weil sie eine Schulter zum Anlehnen braucht.

Doch eigentlich sind die Kisten in Markus‘ Neubauwohnung schon gepackt für den erhofften Umzug nach Berlin. Auf den Feldern, beim Joggen und Autofahren befällt Markus immer wieder die Sehnsucht nach einem Leben fernab der Provinz, wo er sich die Zeit mit einem gelegentlichen Grindr-Date vertreibt. In Tagträumen erscheint ihm eine Schar schillernder Dämonen als Vorboten einer urbanen Wahlfamilie, die ihn aus seiner Einsamkeit befreit. Als sich Almas gesundheitlicher Zustand verschlechtert und er sich in den jungen Fernsehtechniker Duc verliebt, muss sich Markus entscheiden, wo er in Zukunft leben möchte.

Beste Darstellerin für den Preis der deutschen Filmkritik war für die Jurys Ursula Strauss («Le Prince»), bester Darsteller Eugene Boateng («Borga»).

Das bereits mehrfach ausgezeichnete Science-Fiction-Drama «The Trouble with Being Born» von Sandra Wollner ist vom Verband der deutschen Filmkritik zum besten Spielfilm des vergangenen Jahres gewählt worden. Der Verband würdigte damit am Mittwoch das Werk der in Berlin lebenden Regisseurin: Es erzähle in «kalten, beunruhigenden Bildern von künstlichen Menschen, Begierden und den Gefühlen, die eine Androidin entwickeln kann». Der deutsch-österreichische Film bekam auch die Auszeichung für die beste Kamera, Preisträger ist Timm Kröger.

Die Verleihung soll später in diesem Jahr stattfinden. Mit dem Preis werden seit 1956 Filme ausgezeichnet, die «nicht nach wirtschaftlichen, länderspezifischen oder politischen Kriterien bewertet werden, sondern ausschliesslich nach künstlerischen». Über die Vergabe entschieden mehrere Jurys.

Bis Ende März dauert es noch, bis die Oscars verliehen werden. Bereits jetzt lässt sich sagen: Die 94. Verleihung der Academy Awards – unter dem Motto «Movie Lovers Unite» – wird erfreulich queer werden. (MANNSCHAFT berichtete).

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