Myanmar, das Land der goldenen Pagoden
In der grössten Stadt, Yangon, fand 2018 die erste öffentliche Gay-Pride statt
Myanmar ist so ursprünglich wie wohl kein zweites Land Südostasiens. Wer die unglaubliche Gastfreundschaft der Menschen, die märchenhaften Landschaften und die Fülle an buddhistischen Pagoden erleben möchte, bevor der grosse Ansturm einsetzt, muss sich beeilen.
Die Freiheit währte nur kurz, als Grossbritannien Burma 1948 in die Unabhängigkeit entliess. Schon nach 14 Jahren kam es zu einem Putsch, der den Beginn einer mehr als 50 Jahre dauernden Militärdiktatur markierte. Während dieser Zeit wurde auch der alte Kolonialname des Landes in Myanmar geändert. Erst mit den Wahlen im November 2015, bei denen die demokratische Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi einen Sieg erzielen konnte, wurde die Militärherrschaft offiziell beendet. Heftige Kritik musste sie allerdings für die Verfolgung der Rohingya – eine muslimische Minderheit im Land – einstecken. Vorwürfen des Völkermords weist sie stets zurück.
Tradition und Moderne Yangon, das wirtschaftliche Zentrum Myanmars, ist laut und stickig. Dennoch versprüht die Stadt einen speziellen Charme und lohnt es sich, hier ein paar Tage zu verbringen. Ein idealer Ausgangspunkt für Entdeckungstouren ist die rund 2500 Jahre alte Sule-Pagode im Stadtzentrum. Rund um den Tempel reihen sich moderne Bürohochhäuser, Hotels und alte Kolonialgebäude aneinander. Zu den schönsten Bauten zählt das restaurierte Rathaus mit Elementen der britischen und burmesischen Architektur.
Ebenfalls aus der britischen Kolonialzeit stammt der labyrinthartige Bogyoke Aung San Markt. Hier werden Edelsteine und Kristalle, Kleidung und jede Menge Souvenirs verkauft. In den Bekleidungsshops kann man Näherinnen zuschauen, wie sie auf Wunsch Massanfertigungen schneidern. Street-Food-Liebhaber*innen kommen an den unzähligen Essständen auf ihre Kosten
Der gesamte Markt ist überdacht, sodass man hier von der Sonne sowie tropischen Monsunregen geschützt ist. Weiter geht es zur Shwedagon-Pagode, der wohl bekanntesten Sehenswürdigkeit Yangons. Ganze 99 Meter ragt ihr mit rund zehn Tonnen Blattgold überzogener Stupa aus einem Wald kleinerer Heiligtümer und Buddhastatuen in den Himmel. Am späteren Nachmittag, wenn die Pagode besonders schön im Licht der untergehenden Sonne funkelt, zünden viele Gläubige Kerzen an, was eine andächtige Stimmung erzeugt.
Gay Life Offiziell sind homosexuelle Handlungen bis heute in Myanmar verboten, strafrechtliche Verfolgungen sind allerdings selten. Das Gesetz stammt aus der britischen Kolonialzeit, jedoch gab es auch während der Militärdiktatur keinerlei Bestrebungen, die LGBTIQ-Community anzuerkennen. Folglich erstaunt es nicht, dass das Thema Homosexualität insbesondere in ländlichen Gegenden bis heute ein Tabuthema ist. In den grösseren Städten hat sich jedoch die Akzeptanz von Schwulen und Lesben seit dem Ende der Diktatur spürbar verbessert. So hat in Yangon im Januar 2018 die erste öffentliche Pride stattgefunden und wurde bereits drei Jahre zuvor ein LGBTIQ-Filmfestival durchgeführt.
Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat sich 2013, als sie noch Oppositionsführerin war, stark für die Rechte von LGBTIQ eingesetzt. Seit sie nun Präsidentin des Landes ist, scheint sie jedoch andere Prioritäten zu haben. Da in Myanmar noch in diesem Jahr Neuwahlen stattfinden werden, ist davon auszugehen, dass dieses kontroverse Thema bis dahin nicht mehr auf die politische Agenda kommt. Es bleibt zu hoffen, dass die Gesetze aus der Zeit des britischen Kolonialismus danach wie bereits in Indien (MANNSCHAFT berichtete), Botswana oder Belize (MANNSCHAFT berichtete) auch in Myanmar abgeschafft werden.
Eine Welt auf dem Wasser Im Osten des Landes erreicht man nach einem kurzen Flug den reizvollen Inle-See. Der zweitgrösste See Myanmars liegt auf 875 Meter über Meer und ist die Heimat von rund 70 000 Menschen. Viele davon wohnen in «schwimmenden Dörfern» auf dem See, wo sie vom Fischfang und dem Anbau von Gemüse leben. Wer die Sehenswürdigkeiten dieser Gegend entdecken möchte, mietet sich am besten ein Boot samt Kapitän. So kann man sich seine Tour selbst zusammenstellen und nach eigenem Zeitplan auf dem See herumkurven. Oft steuert man zuerst ein Dorf an, in dem die Häuser auf Pfählen über dem Wasser gebaut sind.
Viele Siedlungen sind von schwimmenden Gärten umgeben, die aus Schlick und dem Wurzelwerk der üppig wachsenden Wasserhyazinthe gebaut und mit Bambusstangen im Seegrund verankert sind. In den fruchtbaren Beeten gedeihen hauptsächlich Tomaten, Bohnen und Gurken. Die Bevölkerung des Inle-Sees hat nicht nur ausgefeilte Landwirtschaftsformen, sondern auch einzigartige Fischfangmethoden entwickelt. Sogenannte Einbeinruderer gleiten mit ihren schmalen Booten grazil auf den See hinaus, wobei sie auf einem Bein stehen und mit dem anderen Bein rudern. So haben sie stets beide Hände frei, um Netzkörbe zum Fischen ins Wasser zu werfen.
Architektonische Meisterwerke Der Inle-See ist auch für seine geschickten Handwerker*innen bekannt. Deshalb darf ein Abstecher zu einem Silberschmied oder einer Bambusschirmherstellerin nicht fehlen. In einer Lotusweberei kann der aufwändige Prozess der Seidengewinnung aus den Stängeln der Lotuspflanzen hautnah miterlebt werden. Ein Höhepunkt jedes Ausflugs ist der Besuch der Pagode von Inn Dein, die über einen verzweigten Seitenarm des Sees erreicht wird.
Schöne Erinnerungsfotos lassen sich auch bei einem Ballonflug schiessen (memoriesgroup.com). Die Heissluftballone heben jeweils im Morgengrauen ab und gleiten sanft über den noch teilweise nebelverhangenen See. Kulturinteressierten empfiehlt sich, nach diesem luftigen Abenteuer einen Abstecher zu den 2500 turmförmigen Stupas von Kakku zu unternehmen. Dieses mehr als 2000 Jahre alte Heiligtum war noch bis vor wenigen Jahren für Tourist*innen gesperrt.
Das Land der Tausend Pagoden Die geheimnisumwobene Tempelstadt Bagan, eine der grössten archäologischen Stätten Südostasiens, ist weniger als eine Flugstunde vom Inle-See entfernt. Viele der ursprünglich über 15 000 Pagoden, Stupas, Klosteranlagen und Schreine wurden 1287 zerstört, als die birmanische Armee von mongolischen Truppen vernichtend geschlagen wurde.
Heute gibt es offiziell noch rund 2200 Tempel und es würde Monate dauern, bis man alle besichtigt hätte. Das riesige Areal entdeckt man am besten ganz entspannt bei einer Kutschenfahrt. Während man sich in Ruhe die verschiedenen Tempel anschaut, holpert die Kutsche gemächlich durch die grüne Landschaft.
Flussaufwärts nach Mandalay Ein weiteres Highlight jeder Myanmar-Reise ist eine Flussfahrt auf dem mächtigen Irrawaddy-Strom. Unterwegs ziehen tropische Wälder, traditionelle Dörfer, schmucke Tempel und unzählige Fischerboote an einem vorbei. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten werden an Bord der «Road to Mandalay» geweckt. Wer mit dem längsten Passagierschiff des Landes zwischen Bagan und der alten Königsstadt Mandalay unterwegs ist, unterstützt gleichzeitig soziale Projekte. So wurde für die bedürftige Bevölkerung beispielweise eine Klinik gegründet, in der der Bordarzt zusammen mit weiteren Mediziner*innen schon mehr als 40 000 kostenlose Behandlungen durchgeführt hat.
Das grösste Buch der Welt Mandalay ist das religiöse Zentrum Myanmars. Ein Besuch der zum Weltkulturerbe gehörenden Kuthadaw-Pagode gehört hier zum Pflichtprogramm. Bei dieser Anlage handelt es sich quasi um das grösste Buch der Welt, da in jedem der insgesamt 729 kleinen Tempel ein Teil der Lehre Buddhas auf einer Marmortafel eingemeisselt ist. Ebenfalls sehenswert ist das Dorf Mingun, in dem einst eine 150 Meter hohe Pagode errichtet werden sollte. Zwar wurde das grössenwahnsinnige Bauwerk nie vollendet, doch ist es nur schon eindrücklich, die 50 Meter hohe Ruine zu bestaunen. Gleich daneben erreicht man die weisse, kreisrunde Hsinbyume-Pagode, die zu den schönsten Tempeln Myanmars zählt. Für ein ganz spezielles Sonnenuntergangserlebnis fährt man anschliessend zur U-Bein-Brücke. Mit 1200 Metern Länge gilt diese als die längste Holzbrücke der Welt. Mit einem kleinen Ruderboot kann man sich zu den schönsten Fotospots paddeln lassen und dort dann gemütlich zuschauen, wie sich die Sonne am Horizont in glühenden Orange- und Rottönen verabschiedet.
Exotischer Badespass Nach einer abenteuerlichen Rundreise bietet es sich an, noch ein paar erholsame Tage am Meer zu verbringen. Die schönsten Strände findet man ganz im Süden im Mergui-Archipel, rund anderthalb Flugstunden von Yangon entfernt. Dieses tropische Paradies, das aus 800 Inseln besteht und zum Weltnaturerbe zählt, ist bis heute ein absoluter Geheimtipp. Hier gibt es nur eine Handvoll Hotels, weshalb man die traumhaften Strände vor der malerischen Regenwaldkulisse fast für sich alleine hat. Zu den schönsten Unterkünften im Archipel gehört das bezaubernde Resort Awei Pila, das von Kawthaung aus nach einer rund zweistündigen Bootsfahrt erreicht wird. Hier kann man die letzten Ferientage ganz entspannt mit Schnorchel- und Tauchausflügen, Dschungeltrekkings, Strandspaziergängen oder einfach süssem Nichtstun verbringen.
Auf einen Blick
Anreise Singapore Airlines fliegt ab Zürich und diversen deutschen Städten via Singapur nach Yangon (ab CHF 660.–/ EUR 780.–). – singaporeair.com
Beste Reisezeit Während der kühleren Trockenzeit von Mitte Oktober bis März. Von Mai bis Oktober können tropische Zyklone auftreten.
Sprache Die offizielle Landessprache ist Birmanisch. In grossen Städten und touristischen Zentren wird oft auch Englisch gesprochen.
Einreise Schweizer*innen und EU-Staatsangehörige benötigen einen Reisepass sowie ein eVisa.
Sicherheit Myanmar ist im Grossen und Ganzen ein sicheres Reiseland. Vom Besuch einiger unsicherer Gebiete und Grenzregionen, die weit von den touristischen Hotspots entfernt sind, wird abgeraten.
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