Mein Coming-out: «In Wahrheit outet man sich sein Leben lang»

Alexander erzählt seine Geschichte

Bild: Harald Parth
Bild: Harald Parth

Soll man sich heute noch outen müssen? In unserem Coming-out-Special antworten neun Menschen – dies ist die Geschichte von Alexander aus Niederösterreich.

«Muss man sich heute noch outen? Gegenfrage: Wann muss sich ein Hetero outen, das andere Geschlecht zu lieben? Niemals. Und so sollte es auch bei Homosexuellen sein. Ich will keinen Sonderstatus, sondern einfach normal leben. Wenn zwei Männer oder zwei Frauen miteinander spazieren gehen und sich offensichtlich lieben, sollte nur die Liebe im Vordergrund stehen und das Zusammenleben. Das sollte das Wichtigste sein.

Ich habe mein Coming-out schleichend nach und nach bei den wichtigsten Menschen in meinem Umfeld gemacht und durch meinen Roman ‹Von Bienchen und Bübchen› kam es dann überall und bei allen an.

Ich habe durch Offenheit schnell Gerede verhindert.

Für mich bedeutet ‹Coming-out›, zu sich selbst zu stehen. Zu wissen, wer man ist und ehrlich zu sich sein. Es ist ein langer Prozess. Es dauert. Bei mir hat es Jahre gedauert, bis ich wahrhaben konnte, wer und was ich bin. Was ich überhaupt fühle. Es ist kein punktuelles Ding, sondern ein langer Prozess des Sich-selbst-Findens. In Wahrheit outet man sich sein Leben lang.

Ein Mal offiziell ausgesprochen, wird es von Mal zu Mal leichter. Die Reaktionen in meinem Umfeld waren grösstenteils grossartig und ich habe durch Offenheit schnell Gerede verhindert. Ich habe mich persönlich weiterentwickelt. Ich bin stärker und selbstbewusster geworden. Und mit mir mein Umfeld. Es hat sich mitentwickelt und gelernt, damit umzugehen.



Mein Tipp: Eine Person des Vertrauens aussuchen, alle Gefühle aussprechen und dann gleich weitermachen. Nicht lockerlassen und seinen Weg gehen.

Mein Schwulsein drücke ich niemandem aufs Auge. Wenn mich jemand fragt, rede ich offen und nehme kein Blatt vor den Mund. Ich versuche so zu tun, als wäre es das ‹Normalste› der Welt (was es für mich auch ist) und ich merke, dass das Gegenüber darauf einsteigt. Ich rede ehrlich über Dates und ‹Gspusis›, wie man in Österreich zu Liebschaften sagt. Die meisten hören aufmerksam zu und finden es zumindest interessant, auch diese – meine – Welt kennenzulernen und da hineinblicken zu dürfen. Die Gespräche unterscheiden sich wenig zwischen Homos und Heteros, aber die Homowelt ist schon um einiges offener, muss ich sagen.»

Hier gibt’s weitere Porträts zum «Coming-out-Day 2022».

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