«Zodiac Love»: Junger Österreicher verliebt sich in störrischen Iren
Andreas Dutter hat eine herzerwärmende schwule Liebesgeschichte zum Thema Astrologie geschrieben
Dass Grossverlage im deutschsprachigen Raum schwule Young-Adult-Romane veröffentlichen, ist einigermassen ungewöhnlich. Die wenigen Beispiele sind meist übersetzte Bestseller aus England und den USA. Umso auffälliger, dass Knaur Anfang März «Zodiac Love» des Österreichers Andreas Dutter herausgebracht hat.
In dem 431-Seiten-Roman geht es um einen 20-jährigen Mann aus einem kleinen österreichischen Dorf, der nach seinem Coming-out daheim schreckliche Erfahrungen mit seiner Umwelt gemacht hat und deshalb beschliesst, woanders neu zu starten.
Er bewirbt sich um einen Studienplatz in Irland, um genau zu sein am University College Cork. Ganz im Süden der Insel. Er kommt dort unter im Haus einer bekannten Astrologin, die er über Instagram und Tiktok kennengelernt hatte.
Da Felix – so heisst der neue Student der Kulturwissenschaften am UCC – mit jeder Faser seines Wesens an den Einfluss der Sterne auf sein Leben und besonders das Liebesleben aller Menschen glaubt, hat er in Cara erst einmal eine Art Seelenverwandte gefunden, die ihm hilft, in der neuen Umgebung zu sich selbst zu finden. Und die schrecklichen Erinnerungen an Österreich hinter sich zu lassen, zu denen ein gebrochener Arm nach einer Schlägerei mit homophoben Dorfbewohnern zählt.
Rothaarig und mit Bart Am ersten Tag an der Uni begegnet Felix dem Studenten Owen, der ihn im Rahmen einer Einführungsveranstaltung rumführen soll. Owen ist 22, rothaarig, mit Bart, fast mit dem Medizinstudium fertig – und ausgesprochen unfreundlich. Genau wie Felix liegen über seiner Vergangenheit dunkle Schatten, die bei ihm mit Parkinson und Demenz in seiner Familie zu tun haben und mit dem Unfalltod seines älteren Bruders. Owen hat Probleme, Nähe zuzulassen, und er wirkt oft ziemlich ruppig, besonders wenn er sich auf seine Zukunft als Wissenschaftler im Bereich der Parkinsonforschung konzentriert.
Einen Astro-Spinner wie Felix – der noch dazu so etwas Überflüssiges wie Kulturwissenschaften studiert – nimmt Owen nicht ernst. Und behandelt Felix entsprechend. Aber: Die beiden laufen sich im UCC, in Pubs, in Parks, bei einem Herrenausstatter immer wieder über den Weg. Und natürlich funkt es, irgendwie. Selbst wenn ein sensibler und verstörter «Fisch» wie Felix mit einem eigenbrötlerischen «Krebs» wie Owen schwer kompatibel ist.
Da das Ganze sehr deutlich wie ein Young-Adult-Roman von Becky Albertalli oder Simon James Green angelegt ist, in dem die Geschichte pro Kapitel abwechselnd von Felix und Owen erzählt wird, und weil die kurzen Statements zur Astrologie am Anfang jedes neuen Kapitels merklich an die Romane von Ali Hazelwood erinnern (speziell an «The Love Hypothesis»), ist mehr oder weniger klar, dass Felix und Owen ihre anfängliche Aversion überwinden und zueinander finden werden. Nur wie genau wird das passieren, das ist die spannende Frage.
«Own-Voice-Autor» Der Verlag nennt Andreas Dutter einen «Own-Voice-Autor», der in dieser Male-Male-Romance eine «zum Träumen schöne Liebesgeschichte von den kleinen und grossen Hindernissen auf dem Weg zum perfect match» beschreibt. Das Trendthema Astrologie fasziniere ihn schon lange, heisst es, und daher ziehe es sich wie ein rotes Band durch diese queere Liebesgeschichte. Die mit dem Österreicher-in-Irland eine willkommene Abwechslung im internationalen Male-Male-Romance-Universum englischsprachiger Autor*innen darstellt.
Was den Tonfall angeht, so kommt Dutter nicht wirklich an Hazelwood oder Green heran, die weit witziger und individueller mit ihrer Erzähler*innenstimme umgehen. Aber Dutter trifft diese Vorbilder fast, und es macht definitiv Spass, der Geschichte von Felix und Owen sowie der des pansexuellen Quinn (im Herrenausstatterladen) zu folgen.
Dutter wurde 1992 geboren, lebt in Österreich und hat Kultur und Sozialanthropologie an der Universität Wien studiert. Auf Instagram und Tiktok bespasst er seine Follower*innen mit Büchercontent. Mit dem dort gesammelten Wissen über die Vorlieben von Leser*innen konzipiert er als Blogger Projekte für diverse Verlage und Buchhandlungen und tritt als Moderator auf Buchmessen auf. Neben Büchern liebe er Serien, Animes und Mangas, heisst es.
Zwei weitere Teile in Planung Vom gerade erschienenen Buch «Zodiac Love» soll es nach Teil 1 («Starlight in Our Dreams») einen zweiten Teil geben («Hope in Our Universe») und einen dritten Teil, der 2024 erscheinen wird – als «wunderschöne Zodiac-Love-Reihe», wie’s auf der letzten Seite des neuen Buchs heisst.
Ob Dutter sich damit als deutschsprachige Konkurrenz zu Erfolgsautor*innen wie Albertalli, Green, Adam Silvera («Am Ende sterben wir sowieso») oder Casey McQuiston («Red, White & Royal Blue») etablieren kann, bleibt abzuwarten. Dass ein Grossverlag ihm dafür im deutschen Sprachraum eine Chance gibt, ist schon mal ein guter Start. Und vielleicht sorgt ja ein Streaming-Dienst wie Netflix oder Amazon Prime für eine Verfilmung. Oder der ORF?
In seinem stark autobiografisch gefärbten Roman «Home Stretch» schildert Graham Norton die Entwicklungen in Irland, weg vom katholischen Konservatismus seiner Jugend, hin zu dem LGBTIQ-freundlichen Land von heute (MANNSCHAFT berichtete).
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