Katholische Zeitung wollte Aeschbacher wegen Sexualität kippen

Die TV-Legende will nun den Presserat einschalten

Kurt Aeschbacher moderierte 18 Jahre lang die Talkshow «Aeschbacher». (Bild: SRF/Merly Knörle)
Kurt Aeschbacher moderierte 18 Jahre lang die Talkshow «Aeschbacher». (Bild: SRF/Merly Knörle)

Das Katholische Sonntagsblatt entschied sich zuerst gegen die Veröffentlichung eines Interviews mit Kurt Aeschbacher, da der Moderator ein «bekennender Homosexueller» sei und einen Teil der Leserschaft «sicher verstören» wird.

Für die nächste Ausgabe des Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatts SKS interviewte der freie Autor Andreas Raffeiner die Schweizer TV-Legende Kurt Aeschbacher. Wie Chefredakteurin Melanie Host dem Journalisten jedoch schriftlich eröffnete, habe man das Interview nach interner Rücksprache für «ungeeignet» befunden. Aeschbacher sei ein «bekennender Homosexueller», was «sicher einige Leser verstören wird». Die Worte stammen aus dem E-Mail-Verkehr, der verschiedenen Schweizer Tageszeitungen vorliegt.

«Es war ein harmloses Interview über Gott und die Welt. Ein Gespräch, das die Chefredakteurin als ‹gut gelungen› lobte», schrieb der 71-jährige Aeschbacher auf Facebook. So seien es auch der Verleger und Graubündens Generalvikar Andreas Fuchs, «geistlicher» Leiter des SKS, gewesen, die eine Ablehnung geltend gemacht hätten. «Eine erstaunliche Haltung im 21. Jahrhundert.»

Host begründete gegenüber Raffeiner den Entscheid mit einem möglichen Verlust von Abonnent*innen. «Person und Positionen von Kurt Aeschbacher passen einfach nicht zur Linie unseres Blattes und – nicht zu vergessen! – der Leserschaft, die auf Irritationen gerne mit Abbestellung reagiert», schrieb sie. Man habe diese Erfahrung schon oft gemacht, man könne sich derzeit keine weiteren Abonnementkündigungen erlauben.

Nachdem Raffeiner den E-Mail-Verkehr an Aeschbacher weitergeleitet hatte, intervenierte der ehemalige Moderator bei der Redaktion. Er wolle die «diskriminierende Begründung» öffentlich machen. Danach machte das SKS eine Kehrtwende: Man werde das Interview nun doch veröffentlichen, «die Sache ist dumm gelaufen.»

Für Aeschbacher ist die «lapidare Nachricht» keine Entschuldigung. Er will nun den Presserat einschalten. Ob das Gespräch nun veröffentlich werde oder nicht, sei ihm «völlig wurst». «Nicht gleichgültig ist mir jedoch, was konservative katholische Kreise über Minderheiten denken», schreibt er weiter. Zudem habe er gerade erfahren, dass Raffeiner sämtliche Aufträge entzogen worden seien.

«Der Entscheid, das Interview doch noch abzudrucken, ändert nichts an der Brisanz der Aussage, eine Publikation zuerst abzulehnen und erst auf Druck meiner Intervention einzulenken», sagt Aeschbacher gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Ich bin der Meinung, dass der Presserat grundsätzlich über das Verhalten einer Schweizer Publikation, die offensichtlich Schwierigkeiten mit homosexuellen Menschen hat, informiert werden muss.»

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Raffeiner zeigte sich gegenüber der Presse erstaunt, dass das Gespräch mit Aeschbacher anfänglich abgelehnt wurde. Eine deutsche Kirchenzeitung hatte sein Interview mit dem Komiker Hape Kerkeling, der ebenfalls offen schwul ist, kommentarlos akzeptiert. Ob das Katholische Sonntagsblatt ihn für seine Arbeit bezahlen wird, weiss er nicht. «Bisher habe ich keinen Rappen bekommen. Ich wurde ja nicht einmal nach meiner IBAN-Nummer, lediglich nach einer Postanschrift gefragt», sagt er gegenüber den Medien. Unter diesen Umständen wolle er nicht mehr für das SKS schreiben.

Mehr zum Thema: «Kirche und Staat, lasst euch endlich scheiden!», schrieb Predrag Jurisic in seinem Kommentar.

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