«Katar 2022»: CEO der Fussball-WM heisst Homosexuelle willkommen

Im CNN-Interview widerspricht Nasser Al Khater Berichten, wonach LGBTIQ im Emirat Angst vor Strafverfolgung haben müssten

Nasser Al Khater
Nasser Al Khater

Nach seinem Coming-out hatte der australische Fussballspieler Josh Cavallo erklärt, er würde sich fürchten zur Fussball-WM nach Katar zu fliegen. Dazu bezieht der CEO von «Katar 2022» nun öffentlich Stellung.

Der 22-jährige Profi-Kicker Josh Cavallo hatte kürzlich nach seinem schlagzeilenmachenden Coming-out gesagt, er würde sich aufgrund strenger Anti-LGBTIQ-Gesetze in Katar fürchten, an der bevorstehenden Fussball-WM im Land teilzunehmen (MANNSCHAFT berichtete). Immerhin droht Homosexuellen aufgrund der Scharia die Todesstrafe. Und auch wenn diese bislang noch nie ausgesprochen worden, können Menschen in Katar wegen homosexueller Handlungen zu einem bis drei Jahren Haft verurteilt werden, möglich wären bis zu sieben Jahre.

Auf den Fall Cavallo und die allgemeine LGBTIQ-Situation in Katar sprach CNN-Journalistin Amanda Davies den für die Fussball-WM verantwortlichen Mann in einem TV-Interview an: Nasser Al Khater.

Im Studiogespräch bemüht er sich sichtlich, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass Katar tolerant und offen sei. Er hatte sogar zuvor verkündet, dass es während der Spiele erlaubt wäre, Regenbogenfahnen ins Land mitzubringen. (MANNSCHAFT berichtete über Lewis Hamilton, der mit Regenbogenhelm einen Formel-1-Sieg im Wüstenstaat einfuhr und gefeiert wurde.)

«Falsches Licht» auf Katar geworfen Nun erklärt er, dass Katar Cavallo gern willkommen heisse, sogar schon vor den Weltmeisterschaften. Niemand werde in dem Land bedroht und niemand solle sich dort unsicher fühlen, so Al Khater. Falls Cavallo – oder jemand anderes – etwas Gegenteiliges denken sollte, sei das die Folge von «negativer Berichterstattung in den Medien», die ein «falsches Licht» aufs Land werfen würde. Seiner Meinung nach sei Katar eine Gesellschaft, «wie alle anderen Gesellschaften auf der Welt».

josh cavallo
josh cavallo

Als die CNN-Moderatorin Davies darauf hinweist, dass es eine Gesellschaft sei, wo Homosexualität verboten sei, antwortet er: Katar sei ein «sehr gastfreundliches und tolerantes Land», er widerspreche dieser konkreten Behauptung Davies‘. (MANNSCHAFT berichtete über regierungsnahe Zeitung in Katar, die vor der «Bewerbung» von Homosexualität warnten; das würde «Kinder» vom rechten Pfad Gottes abbringen.)

Die Journalistin hakt nochmals nach und sagt, dass «offene Homosexualität» in Katar nicht erlaubt sei. In seiner Replik behauptet Al Khater, nicht zu wissen, was sie damit meine. «Öffentliches Zurschaustellen von Zuneigung ist verpönt, und das gilt für die gesamte Region», so Al Khater bei CNN. «Katar ist ein sittsames Land, das ist das einzige, was man respektieren muss. Ansonsten können Menschen ihr Leben hier frei leben.»

Katar ist ein sittsames Land, das ist das einzige, was man respektieren muss

Er erklärt Davies, dass Menschen nicht nur ins Gefängnis kommen können weil sie homosexuell seien, sondern auch «weil sie heterosexuell sind». Er verstehe die Frage nicht. Denn es gebe im Land durchaus homosexuelle und heterosexuelle Personen, die gemeinsam in dieser Gesellschaft leben würden. Ohne Probleme, wie er impliziert.

Gebräuche respektieren Man respektiere andere Kulturen, erwarte aber von Fussballfans, dass sie die konservativen Gebräuche der katarischen Gesellschaft ihrerseits respektierten. Natürlich könnten auch homosexuelle Personen und Paare ins Land kommen und sich dort sicher fühlen – solange sie von einem öffentlichen Zurschaustellen von Zuneigung absähen!

Er verweist darauf, dass es auch anderswo «konservative» Gesellschaften gäbe und dass auch anderswo die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht erlaubt sei. Katar sei also kein Einzelfall.

Ob Josh Cavallo tatsächlich mit der australischen Nationalmannschaft nach Katar reisen wird, ist derzeit nicht klar. Denn bisher war der Spieler von Adelaide United nur bei der Jugend-Nationalmannschaft im Einsatz. Ob er nach dieser Einladung schon vorher ins Land kommen will, bleibt abzuwarten.

Für die von Al Khater angesprochene Gastfreundschaft ist Katar tatsächlich berühmt, wie jeder weiss, der schon einmal Doha besucht hat. Und in der Tat kann man sich als Homosexueller vor Ort frei bewegen, solange man sich an den Sittlichkeits-Kodex in der Öffentlichkeit hält, der für alle gilt. Wie sich eine solche «Sittlichkeit» mit westlichen Vorstellungen von Weltoffenheit decken könnte, ist eine andere Frage, die auch innerhalb der katarischen Gesellschaft diskutiert wird, wo es vehement in gegensätzliche Richtungen ziehende Gruppierungen gibt.

Die Fussball-WM wird im November und Dezember 2022 stattfinden, wenn die Temperaturen in Katar nicht so glühend heiss sind. (MANNSCHAFT berichtete, dass die Schweiz bei der WM in Katar auf Dialog statt Protest setze.)

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