Iggy Pop: «Die Öffentlichkeit kann mich sowieso mal»
75 Jahre lang oben ohne - Die bisexuelle Punk-Legende feiert Geburtstag
Auf der Bühne robbte er nackt durch Glas, schmierte sich mit Erdnussbutter voll oder goss heisses Wasser über seine Hose. Mit 75 ist die bisexuelle Punk-Legende Iggy Pop nicht mehr komplett wahnsinnig – aber noch immer leicht bekleidet.
Wenn man sich nackt doch nur so wohl fühlen würde wie Iggy Pop! Seinem Image als «Godfather of Punk» macht er zu seinem 75. Geburtstag am Donnerstag (21. April) noch immer alle Ehre, denn er steht weiter oben ohne vor seinen Fans in der ganzen Welt, um Songs wie «The Passenger» zu singen. Nur in Russland wird er erstmal nicht auftreten.
«In meinem Alter hilft es, neugierig zu bleiben», sagte Pop jüngst dem britischen Guardian – und echauffierte sich über jene, die sagen, dass früher alles besser gewesen sei. «Ich habe es satt, alte Jungs sagen zu hören, dass man keine Synthie-Instrumente benutzen sollte».
Kein Wunder: Denn der Amerikaner gilt ja selbst als Musiker, der niemals in seiner Entwicklung stehen geblieben ist und stets Neues ausprobiert hat.
Eines der Dinge, die immer gleich blieben, war hingegen Pops Lust an Freikörperkultur. Es gebe kein vorgeschriebenes Alter, ab dem man seinen Oberkörper nicht mehr nackt in der Öffentlichkeit zeigen dürfe, sagte er einst. «Und die Öffentlichkeit kann mich sowieso mal.»
Was auch seine Offenherzigkeit gegenüber Sex unterstreicht. Dem New York Times Magazine sagte Iggy Pop (der für eine gewisse Zeit auch der Lover von David Bowie gewesen sein soll), auf seinen Ruf angesprochen, eine Riesenmenge Sex gehabt zu haben: «Ich wünschte, ich hätte mehr gehabt.»
Drogen, Alkohol, Zigaretten – all dem hat Iggy Pop nach Jahrzehnten des Exzesses inzwischen abgeschworen. «Spät im Leben habe ich eine wunderbare Beziehung zu meinem Körper entwickelt. Allein der Gedanke an Marihuana macht mir inzwischen Angst.»
Anstelle dessen treibt er Sport und tritt immer noch auf. Erst 2019 kam das bislang letzte Album «Free» heraus, und nach einer Corona-Zwangspause sind auch wieder Konzerte geplant. Seine destruktivsten Jahre hat Iggy Pop überlebt und ist immer noch dabei, anders als viele seiner Kollegen.
Geboren wurde Iggy Pop 1947 als James Newell Osterberg in eine ärmliche Wohnwagensiedlung in Michigan hinein. «Es war wahnsinnig klein und ich habe erst später realisiert, was mir das beigebracht hat». «Ich habe Harmonie mit anderen Menschen gelernt und das war essenziell. Erst als ich in die grosse Welt hinausging, habe ich realisiert, dass die nicht so ist.»
Iggy Pop, der den Spitznamen von seiner Highschool-Band The Iguanas (Die Leguane) hat, war schon Punk, als es Punk noch gar nicht gab. Statt Liebe, Frieden und Gemeinsamkeit besangen er und seine Band The Stooges Ende der 1960er-Jahre Langeweile und Frustration seiner Generation. Bei seinen Bühnenshows demonstrierte er, dass ihn nur Schmerzen aus der Langeweile befreien konnten: Er robbte nackt durch Glassplitter, schmierte sich mit Erdnussbutter voll, goss heisses Wasser über seine Hose und taumelte blutend von der Bühne.
Auf Dauer hielt «The Ig» das nicht durch und immer wieder verschwand er von der Bildfläche, auch in den Drogenentzug. Aber immer wieder schob ihn sein bester Freund David Bowie zurück auf die Bühne. Gemeinsam produzierten sie mehrere Alben: «The Idiot» (1977) mit dem gemeinsam geschriebenen, späteren Bowie-Hit «China Girl», «Lust For Life» (1977) mit dem Disco-Dauerbrenner «The Passenger» und die Live-LP «TV Eye» (1978).
Den ganz grossen Erfolg landete Iggy Pop 1987 mit der Cover-Version von «Real Wild Child». Es war seine erste Top-Ten-Platzierung. Jahrzehnte später ist Pop noch immer überall auf der Welt gefragt.
Auch politisch positioniert er sich. So liess er angesichts des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine (MANNSCHAFT berichtete) mitteilen, dass er in Moskau nicht wie geplant beim Park Life Festival spielen würde: «Aus aktuellem Anlass ist dies notwendig. Unsere Gedanken sind bei den Ukrainern und all den mutigen Menschen, die sich dieser Gewalt widersetzen und Frieden suchen», teilte er auf Twitter mit. Seine Fans lobten ihn dafür – und verlangten im Gegenzug mehr Auftritte in den USA.
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