13 Tage Hungerstreik: Gabrielas Kampf für trans Rechte

Queere Menschen 2023 – Unser Jahresrückblick

Hier streikte Gabriela Bankova (Foto: X/Bulgarian Dispatch)
Hier streikte Gabriela Bankova (Foto: X/Bulgarian Dispatch)

Sofia, die Hauptstadt Bulgariens, war im November eindrücklicher Schauplatz eines Kampfes für Menschenrechte. Die trans Frau Gabriela Bankova trat in den Hungerstreik.

Vor dem Justizpalast der Stadt trat die trans Frau Gabriela Bankova in einen 13-tägigen Hungerstreik. Mit MANNSCHAFT spricht die 32-Jährige über ihren ungebrochenen Kampfeswillen, gegen Willkür und Demütigung, über die Community in Bulgarien, und über den Anfang und das Ende ihres Streiks. Sie sagt, dass ihr Land «einen Genozid an trans und inter Menschen verübt». Dass sie Demütigungen und Willkür ausgesetzt seien. Dass ihnen sämtliche menschlichen Rechte abgesprochen würden. Die Regierung täusche hierfür, unter anderem, religiöse Gründe vor.



Gabi erzählt, dass die Situation für die LGBTIQ-Community ziemlich miserabel sei. Obwohl die Gesellschaft sie inzwischen durchaus akzeptiere. Doch Menschenrechte, die die Identität schützen, geniessen sie ebenso wenig, wie es auch keine verfassungsmässigen Rechte gäbe, die ihnen Chancengleichheit gewährten. Diskriminierung durch staatliche Institutionen sei an der Tagesordnung, es gäbe auch keinen Schutz vor Konversionstherapien. Zugang zu irgendeiner Form medizinischer Versorgung ebenfalls nicht.

Es geht noch weiter: Die Ehe für gleichgeschlechtliche Partner*innen ist verboten, die Europäische Menschenrechtskonvention werde vom Gerichtssystem ignoriert, und die verfassungsmässigen Rechte auf Selbstbestimmung und Würde schliessen trans und inter Menschen aufgrund ihrer «Genetik» aus, kritisiert Gabi.

@openlynews Gabriela Bankova, a 32-year-old trans woman in Bulgaria, is currently on her fifth day of hunger strike in protest at the country’s lack of legal recognition of trans identities. In February, Bulgaria’s Supreme Court ruled that trans people would no longer be able to change their documents in line with their identity, effectively outlawing legally transitioning gender. In a phone interview with Openly from Sofia earlier today, Bankova said she will not give up her fight: „I will continue to not eat for as long as that takes, or until my life is ended.“ On Thursday, she was arrested by police for reportedly not having proper identification papers, but she still returned to her protest once released. Read the full story at the link in our bio. #transrights #transawareness #lgbtqrights #lgbtnews #bugaria #sofiabulgaria ♬ Stories 2 – Danilo Stankovic

Alle neuen Gesetze, die darauf abzielten, die Gleichstellung oder den Schutz von Minderheiten zu regeln, schliessen laut Gabriela absichtlich und willkürlich die LGBTIQ Community aus: Mehr noch, sie zielten darauf ab, den «Genozid, allen voran an der trans und inter Community», weiter voranzutreiben, wie Gabi sagt. Dem allem stellte sie sich mutig entgegen: Der Hungerstreik vor dem Justizpalast begann. Sie setzte deutlich ein Zeichen und protestierte gegen den Versuch der Auslöschung ihrer Community. Sie wehrte sich dagegen, dass die Obersten Gerichte entschieden haben, dass ihnen ihre verfassungsmässigen Menschenrechte vollständig entzogen werden können, allein aufgrund religiöser Motive. Ihr Protest entwickelte sich über die Tage hinweg zu einem allgemeinen Protest: Sie prangerte die fehlende Gewaltenteilung ihres Landes an, die Zerstörung der bürgerlichen Freiheiten, die Zerstörung der Säkularität.

Wir wollen uns nicht länger unser Recht auf Selbstbestimmung, noch andere Rechte, die wir als Menschen und Bürger*innen verdienen, vorenthalten lassen!

Doch es gab noch einen weiteren Grund, der sie bestärkte, ihre Protestaktion weiterzuführen: Das Thema Selbstbestimmung liege ihr sehr am Herzen, wurde ihr doch am 13. November von behördlicher Seite aus mitgeteilt, dass sie ihre Ausweispapiere nicht gemäss ihrer Geschlechtsidentität ändern kann. «Wir wollen uns nicht länger unser Recht auf Selbstbestimmung, noch andere Rechte, die wir als Menschen und Bürger*innen verdienen, vorenthalten lassen!» erklärt die Bulgarin hierzu. Ihr Entschluss stünde fest: Sie und ihre Community werden bis zum Schluss dagegen ankämpfen, unabhängig davon, welche neuen Wege behördliche Institutionen finden, um sie auszulöschen.



Gabi beendete schliesslich nach knapp zwei Wochen am 25. November ihren Hungerstreik, denn sie fand Verbündete: Menschen, die bereit sind mit ihr zu kämpfen. Menschen, die an Demokratie glauben. Menschen, die gegen Ungerechtigkeit und für Menschenrechte kämpfen wollen, und werden.

«Wir starten TGEN (Trans and gender equality network), eine Bewegung, die grosse Verfassungs- und Gerichtsreformen herbeiführen wird» berichtet sie uns. Eine Bewegung, die wachsen, und alle benachteiligten Minderheiten, Freidenker und Menschenfreunde, anziehen werde, so hoffe sie. Ihr erklärtes Ziel sei die Wiederherstellung der Demokratie, die Gewährleistung und Wahrung der Menschen- und Verfassungsrechte. Darüber hinaus fordere TGEN den Schutz für Minderheiten vor institutioneller Aggression, und die Anerkennung von LGBTIQ als völlig gleichberechtigte Bürger*innen.

Der Hungerstreik hat seine Spuren hinterlassen, doch sie erhole sich langsam davon. Sie habe etwa 7 Kilo verloren, es zeigten sich einige Symptome von Diabetes, doch sie werde bald wieder völlig fit und gesund sein. Und wenn es nötig sei, werde sie wieder zu ihrer Protestaktion zurückkehren, egal wie lange sie dauern sollte. Denn sie fürchte weder Hunger, Kälte, noch Krankheit, und auch keine Gewalt oder den Tod. Weder sie noch andere trans Menschen werden sich brechen lassen, oder einfach durch Vernichtung hinweggefegt werden. «Wir werden bis zum bitteren Ende kämpfen. Und wir werden gewinnen!»

Netflix zeigt den Thriller «Operation Hyakinthos» über die Säuberungsaktionen im Polen der 1980er Jahre, ein Film über ein Stück vergessene LGBTIQ-Geschichte (MANNSCHAFT berichtete).

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