Eine Nacht mit … Ulrich Matthes
Nazi-Rollen, verletzliche Typen, warmherzige Partner: Genug Stoff für eine Nacht
Ulrich Matthes gilt als einer der bedeutendsten und markantesten deutschsprachigen Schauspieler. Erst spät fing er an, sich für queere Interessen einzusetzen, dafür aber umso vehementer.
«Wenn junge Kollegen davon profitieren, dass sich ein 60-jähriger Kollege outet, lasse ich mich gern überzeugen», sagte Ulrich Matthes rückblickend auf die Initiative #ActOut, bei der er als einer der Prominentesten mitmachte. Da war Ulrich Matthes bereits ein renommierter Schauspieler.
Zuletzt wies er darauf hin, dass es zwar in der deutschsprachigen Schauspielbranche viele queere Menschen gäbe, von denen aber die allermeisten eben nicht bei der Initiative mitgemacht hätten (MANNSCHAFT berichtete). Er finde es traurig, so Matthes, dass es immer noch ein Risiko darstelle, sich zu outen.
20 Jahre war Ulrich Matthes festes Mitglied im Ensemble des Deutschen Theaters Berlin und war mehrere Jahre Präsident der Deutschen Filmakademie. Den meisten Menschen im Gedächtnis hängen geblieben von dürfte aber wohl ausgerechnet eine Nazi-Rolle sein.
Eigentlich hatte er sich vorgenommen, nach Goebbels keine Nazis mehr zu spielen. Aber Anfang 2022 schlüpfte er dann doch noch in die Rolle Hitlers für den Netflix-Film «München». Und mittlerweile halb vergessen gibt es aus dem gleichen Jahr wie der «Untergang» noch einen Film mit Nazi-Thematik, allerdings einer völlig entgegengesetzten Rolle von Matthes. Der Schauspieler wollte ganz bewusst zum Verbrecherischen ein Gegenstück spielen. Es handelt sich um «Der Neunte Tag», von Volker Schlöndorff, in dem Matthes einen in einem KZ inhaftierten Priester spielt. Aber leider blieb der Film nicht so sehr in Erinnerung wie der Bunkerfilm.
Dennoch ist der «Untergang» mit Bruno Ganz als Hitler, Juliane Köhler als panisch-überdrehte Eva Braun – erst Hochzeit, dann Selbstmord – und eben Matthes als gespenstigem Goebbels noch immer einen Filmabend wert.
#Zwei Freunde (2021) Am Tag der Beerdigung seiner Frau will sich Patrick umbringen. Doch da taucht plötzlich Malte auf. Sie waren in ihrer Jugend Freunde und haben sich seitdem nicht mehr gesehen. Eigentlich will Patrick nun auch nichts Neues mehr in sein Leben lassen, oder Altes wieder aufleben lassen. Denn er hat ja beschlossen, sich umzubringen. Aber Malte gelingt es, Patrick wieder ins Leben zurückzuziehen. Beide kommen sich wieder näher, erzählen sich einiges über ihre gelebten Leben. Dabei kommt auch manches heraus, womit der jeweils andere nicht gerechnet hat.
Justus von Dohnanyi spielt Patrick und Malte wird gespielt von Ulrich Matthes. Allein das Spiel und Zusammenspiel der beiden zu sehen reicht eigentlich schon für einen schönen Filmeabend. 2023 wurde noch eine Fortsetzung gedreht. Da kommt Patrick zu Malte, der ebenfalls irgendwo draussen alleine lebt. Patrick wirft Malte vor, sich an ein Versprechen nicht gehalten zu haben, was er ihm während des ersten Films gegeben hat (und das hier natürlich nicht verraten wird).
#Geborgtes Weiss (2021) Marta lebt mit dem sechsjährigen Nathan gemeinsam in einer alten Villa. Auch der erheblich ältere Roland, gespielt von Ulrich Matthes, lebt mit ihnen dort. Als beide Marta und Nathan in einen Baumarkt gehen, verschwindet der Junge plötzlich. Marta glaubt erst, ihn hinter der nächsten Ecke wiederfinden zu können. Doch er ist wie vom Erdboden verschluckt. Langsam steigt Panik ihn Marta auf. Plötzlich kommt der Junge mit einem fremden Mann an der Hand zurück, der von nun an das Leben der drei durcheinander bringen wird.
Alles wirkt wie eine normale Patchworkfamilie. Doch mit der Zeit kommen immer mehr Risse zutage. Man fragt sich als Zusehender zunehmend: Was weiss ich eigentlich wirklich von den Figuren? Wo kommen sie her? Wer ist der Vater von Nathan? Je länger der Film dauert, desto mehr wird deutlich, wie sehr die Dinge doch anders sind, als sie scheinen.
#Das Meer am Morgen (2011) Frankreich ist seit 1940 von den Nazis besetzt. Kämpfer der widerständischen Resistance erschiessen einen deutschen Wehrmachtsoffizier. Dafür wollen sich die Deutschen rächen und entscheiden, dass nun 150 französische Männer dafür ermordet werden sollen. Nun soll ein regionale Beamter diese Personen auswählen.
Die Erinnerungen des später berühmt gewordenen Dichters und damalige Wehrmachtsoffizier Ernst Jünger bilden die Grundlage für diesen Film. Ulrich Matthes spielt Jünger, der damals vor Ort ein Protokoll mit Namen derjenigen verfasst hat, an denen sich gerächt werden sollte. Es handelt sich hierbei um einen historischen Fall und Regisseur Volker Schlöndorff macht daraus, in einer weiteren Zusammenarbeit der zwischen ihm und Matthes, eine präzise Rekonstruktion des Falles in Form eines Dokumentarspiels.
#Im Schmerz geboren (2014) Ein Tatort, der mit einem Filmpreis ausgezeichnet wurde? Ja, gibt es. In diesem Sonntag-Abend-Streifen stehen sich Ulrich Tukur als Kommissar Murot und Ulrich Matthes gegenüber. Und sie spielen alte Bekannte. Dieses Muster sieht man ja häufiger: zwei Personen schlagen ähnliche Wege ein, doch dann geht einer den Weg des Lichts und der andere geht hinab in Dunkle. So, oder so ähnlich läuft es auch hier. Richard Harloff (Matthes) wollte auch einmal Polizist werden – zur gleichen Zeit wie Murot – doch eine Drogenaffäre warf ihn aus der Polizeilaufbahn. Und nun ist er aus Südamerika zurück im hessischen Wiesbaden. Harloff ist auf einem Rachefeldzug und Murot wird nach und nach klar, wohin dessen Weg führt.
Wie immer in den Murot-Tatorten wird nicht eine Standardgeschichte heruntergenudelt, sondern es geht immer mehrbödig zu. Es gibt Referenzen zu «Spiel mir das Lied vom Tod», zu Tarantino-Filmen, und zum «Besuch der alten Dame» von Friedrich Dürrenmatt. Alles passt erstaunlich gut zusammen und verbreitet erhebliche Spannung. Und wenn Ulrich Matthes sein Irren-Gesicht aufsetzt, ist man eh froh, wenn man zuhause auf dem Sofa sitzt und nicht ihm gegenübersteht.
Mehr: Daniel Craig über schwule Sexszene: «Wir haben gelacht» (MANNSCHAFT berichtete)
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