Ehe für alle: Gegner*innen fordern Vernichtung von Briefmarke
Das Nein-Lager sieht in ihr eine «politische Positionierung» der Post
Der Trägerverein «Nein zur Ehe für alle» fordert, dass die Schweizerische Post ihre Ereignisbriefmarke zur Eheöffnung einstampft. Der Konzern verstosse mit der Herausgabe nämlich gegen die politische Neutralität.
Die Schweizerische Post würdigte Anfang Juli den Start der Ehe für alle mit einer neuen Briefmarke (MANNSCHAFT berichtete). Das bunte Sujet zeigt das Wort «Ja» in allen Landessprachen sowie 30 Ballone in Regenbogenfarben, die zusammengeknüpft als grosses Herz Richtung Himmel schweben. Als «buntes Zeichen für einen denkwürdigen Tag» bezeichnete die Post ihre Ereignismarke in einer Mitteilung.
«Verstoss gegen Neutralität» Dem Trägerverein «Nein zur Ehe für alle» passt dieses farbenfrohe Wertzeichen ganz und gar nicht. Wie der Blick berichtet, beschweren sich die Gegner*innen in einem offenen Brief am gestrigen Dienstag bei Postministerin Simonetta Sommaruga, Verwaltungsratspräsident Christian Levrat und Post-Chef Roberto Cirillo. Der Vorwurf: eine «eindeutig politische Positionierung».
Das klar unterlegene Nein-Komitee sieht in der Marke einen Verstoss gegen die «politische Neutralität» und die «missbräuchliche Verwendung von staatlichen Mitteln und Kanälen zu Propaganda-Zwecken». Interessant an diesem Vorwurf ist, dass das Nein-Komitee genau vor einem Jahr selber dazu aufrief, den von der Post angebotenen Gratisversand von Ansichtskarten für den Versand von Nein-Parolen zu verwenden. Damit machten die Gegner*innen die Schweizerische Post zu ihrer unfreiwilligen Supporterin im Abstimmungskampf (MANNSCHAFT berichtete).
Vernichtung gefordert Als faktischer Staatsbetrieb müsse die Post die gesamte Bevölkerung vertreten und dürfe nicht einseitig Partei nehmen, heisst es vom Trägerverein weiter. 36 Prozent der Stimmbevölkerung hatten sich gegen die Ehe für alle ausgesprochen – diese Menschen würde die Post nun mit der Briefmarke übergehen.
Der Verein vermutet ausserdem, dass der Konzern bei einem Nein wohl keine Ereignisbriefmarke veröffentlicht hätte. Diese Einschätzung ist vermutlich korrekt, da es sich bei einer Gesetzesänderung, die nicht stattfindet, ohnehin nicht um ein «Ereignis» im engeren Sinn gehandelt hätte.
Die Forderung der Gegner*innen ist gewohnt radikal: Die Post müsse die Restauflage aus dem Verkauf ziehen und einstampfen. Allerdings haben sie noch einen zweiten Vorschlag, der quasi als Gegengift die Veröffentlichung einer weiteren Marke vorsieht. «Im Sinne der Gleichberechtigung» soll die Post eine Briefmarke herausbringen, welche die Ehe zwischen Mann und Frau die als am besten für das Kindeswohl geeignete Verbindung unterstreiche.
«Meilenstein der Gleichberechtigung» Die Schweizerische Post wird sich von diesen Forderungen kaum beeindrucken lassen, zumal sie bereits bei der Veröffentlichung die Herausgabe der Ereignismarke begründet hatte. Sie wies darauf hin, dass sie historische Ereignisse seit jeher auf Marken verewige und damit die Rolle einer Dokumentalistin des Zeitgeschehens einnehme.
Grünes Licht dazu gebe jeweils die sogenannte Briefmarkenkommission, bestehend aus Philatelie-Expert*innen und Vertreter*innen des Museums für Kommunikation sowie der Post. Das Gremium prüfe jedes Marken-Vorhaben umfassend und nach klaren Kriterien. Bei der Ehe für alle sei der Entscheid schnell gefällt gewesen. «Das neue Gesetz ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Gleichstellung in der Schweiz», sagte damals Claudia Frankl, Leiterin Briefmarken und Philatelie.
Die A-Post-Marke «Ehe für alle» ist weiterhin in den Filialen der Post und im Online-Shop unter diesem Link erhältlich.
Mit Label ausgezeichnet 2019 widmete die Schweizerische Post der LGBTIQ-Community übrigens schon einmal eine Briefmarke: Das Motiv der 85-Rappen-Marke ist ein farbiger Pride-Umzug (MANNSCHAFT berichtete).
Was dem Nein-Lager auch ein Dorn im Auge sein dürfte: Die Post konnte am 15. Juni im Rahmen der Zurich Pride Week das «Swiss LGBTI-Label» entgegennehmen. Dabei handelt es sich um ein Qualitätssiegel für Organisationen, die sich für die innerbetriebliche Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen einsetzen.
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