«Der Fürst interessiert sich kaum für die LGBTIQ-Community»

Der LGBTIQ-Verein Liechtensteins sieht Handlungsbedarf bei der rechtlichen Gleichstellung

Das Schloss Vaduz in Liechtenstein (Bild: Instagram/adoils_trauerwege)
Das Schloss Vaduz in Liechtenstein (Bild: Instagram/adoils_trauerwege)

Im europäischen LGBTIQ-Ranking liegt Liechtenstein nur auf Platz 40. Was ist denn da los? Wir haben beim «FLay», dem LGBTIQ-Verein des Fürstentums, nachgefragt.

Wer nach Vaduz kommt, findet viele Banken, teure Autos und tiefe Steuersätze. Umrahmt von Bergen und bewacht vom Schloss Vaduz, das über allen thront. Insgesamt macht Liechtenstein auf den ersten Blick nicht den Eindruck, für LGBTIQ-Menschen ein besonders hartes Pflaster zu sein. Ausserdem lässt sich allein aufgrund der geografischen Lage des Fürstentums eine kulturelle Nähe zur Schweiz und zu Österreich vermuten.

Schlimmer als Ungarn? Doch vielleicht täuscht dieser Eindruck. Die Schweiz liegt nämlich im diesjährigen LGBTIQ-Ranking auf dem 22. und Österreich auf dem 17. Platz. Der Zwergstaat dazwischen befindet sich hingegen auf Platz 40. Damit sind laut dieser Studie Länder wie Rumänien, Bulgarien und sogar Ungarn LGBTIQ-freundlicher als Liechtenstein.

Muss man sich nun um die Community im «Ländle» Sorgen machen? Ganz so dramatisch sieht es Amos, Vorstandsmitglied vom liechtensteinischen LGBTIQ-Verein FLay, nicht. In der Tat aber könne sich das Land im europäischen ILGA-Rating nur langsam verbessern. «Im Alltag zeigt sich die Situation für uns allerdings ähnlich wie in der Schweiz oder in Österreich», sagt Amos. «Die Unterschiede ergeben sich dadurch, dass wir in Liechtenstein keine urbanen Gebiete haben.»

Fehlender Gegenpol Tatsächlich lässt sich bei Abstimmungen in der Schweiz sehr oft einen Graben zwischen Stadt und Land feststellen, wobei das Land konservative Positionen befürwortet. Eine grössere Stadt – quasi einen progressiven Gegenpol – gibt es in Liechtenstein nicht. Der Vergleich müsste also wennschon mit den ländlichen Regionen in der Schweiz und in Österreich stattfinden, erklärt Amos.

Dringenden Handlungsbedarf sieht der FLay etwa bei der rechtlichen Gleichstellung homosexueller Paare. Seitdem die Schweiz über die Ehe für alle debattiert, ist das Thema auch in Liechtenstein wieder Teil des öffentlichen Diskurses geworden. Seit 2011 werden dort homosexuelle Paare staatlich anerkannt; das Recht zur Adoption haben sie nicht.

Auch fordert der FLay die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für das Verfahren der zivilrechtlichen Geschlechtsangleichung. «In der heutigen Situation gibt es weder gesetzliche Grundlagen noch eine Art Wegleitung der nötigen Schritte dafür, sondern lediglich einige Präzedenzfälle», sagt Amos. «Glücklicherweise wurde von einer vorgeschriebenen Hormontherapie abgesehen – allerdings auch dies ohne rechtliche Grundlage.»

Erbprinz als Hoffnungsträger Und wie schaut eigentlich der Support des Staatsoberhauptes aus? Mag Fürst Hans-Adam II. Schwule, Lesben, Bisexuelle und trans Menschen? «Unser Eindruck vom Landesfürsten ist, dass er sich wenig für die LGBTIQ-Community interessiert. Die Bedürfnisse dieser Menschen werden von ihm kaum wahrgenommen.»

Im Gegenteil habe er im Februar erneut öffentlich seine Aussage wiederholt, dass er «Bedenken habe», wenn zwei Männer «irgendwelche Knaben» adoptieren würden. MANNSCHAFT hatte damals über diesen Pädophilie-Vergleich berichtet.

Etwas hoffnungsvoller blickt der FLay indes auf den Erbprinzen Alois von Liechtenstein, der schon seit längerer Zeit die fürstliche Gewalt ausübt und Hans-Adam vertritt. Zumindest bei einigen Anliegen habe er ein offenes Ohr gezeigt. Seine tatsächliche Einstellung werde sich zeigen, sobald es konkrete Gesetzesvorschläge geben wird, welche von ihm sanktioniert werden müssen.

Der FLay wird jedenfalls für die liechtensteinische LGBTIQ-Community weiterkämpfen – Schritt für Schritt. Der Verein hat dabei schon einen zünftigen Weg zurückgelegt. Schliesslich muss man sich vor Augen halten, dass die Vereinsgründung 1998 noch illegal war, da betreffend Homosexualität damals «Informations- und Vereinsverbot» in Liechtenstein galt.

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