Apulien: Bunte Vielfalt am Stiefelabsatz
Willkommen im Bilderbuch-Italien – wo ein offen schwules Leben weiterhin schwierig bleibt
Sanft gewelltes Hügelland, endlose Olivenbaumplantagen, historische Städtchen, schöne Strände und leckeres Essen mit guten Weinen: Bis heute ist in Apulien erstaunlich viel Bilderbuch-Italien erhalten geblieben.
Schon im 6. Jahrhundert vor Christus begannen sich die Römer für die Region zu interessieren. Apulien wurde rasch zur Drehscheibe für den Handel mit dem Orient und die Stadt Brindisi zum wichtigsten Hafen an der Adria. In dieser Zeit wurden auch erste Olivenbäume vom östlichen Mittelmeer über Griechenland nach Süditalien gebracht.
Heute prägen rund 60 Millionen solcher oft jahrhundertealter Bäume mit ihren knorrigen Stämmen die Landschaft Apuliens. Fast die Hälfte des italienischen Olivenöls wird in dieser Region produziert, wobei das Öl als besonders intensiv, fruchtig und würzig im Geschmack gilt.
Unüberschaubares Gassengewirr Wer mit dem Flugzeug nach Apulien reist, kann entweder die Landeshauptstadt Bari oder das weiter südlichen gelegene Brindisi anfliegen. Die zauberhafte Altstadt von Bari liegt nur eine kurze Autofahrt vom Flughafen entfernt, so dass sich bereits wenige Minuten nach der Landung echtes Ferienfeeling breit macht. Das auf einer Halbinsel im adriatischen Meer gelegene historische Zentrum mit seinem unüberschaubaren Gassengewirr ist fast vollständig von einer dicken Stadtmauer umgeben. Eine der Hauptattraktionen ist die Basilika des heiligen Nikolaus, des Schutzheiligen von Bari. Das eindrückliche Gotteshaus wurde im 12. Jahrhundert errichtet und gilt heute als bedeutender Wallfahrtsort für Gläubige aus aller Welt.
Etwas weiter südlich erreicht man anschliessend über eine gut ausgebaute Schnellstrasse den wunderschönen Ferienort Polignano a Mare, der hoch über dem kristallklaren Meer auf einem Karstfelsen thront. Am Ende der schmucken Gässchen gelangt man zu mehreren eindrücklichen Aussichtspunkten mit tollem Blick über die Adria und die steilen Felswände.
Diese wurden von der Brandung regelrecht durchlöchert, wodurch im Laufe der Zeit jede Menge Grotten entstanden sind. Einige davon können im Rahmen einer Bootstour auf dem Wasserweg besucht werden. Eine der grössten Höhlen, die oberhalb des Meeresspiegels liegende Grotta Palazzese, wurde hingegen zu einem Spezialitätenrestaurant ausgebaut, in dem man über dem zischenden Meer bei einem leckeren Fischgericht genussvoll verweilen kann.
In den verwinkelten Gässchen des mittelalterlichen Städtchens Monopoli, das man als nächstes erreicht, stösst man immer wieder auf schöne Kirchen, Paläste und Klöster. Nach einem Stadtrundgang lädt ein kleiner Strand direkt neben der Wehrmauer zu einem erfrischenden Bad im glasklaren Meer ein. Wem es hier an sonnigen Tagen zu hektisch zu und her geht, findet in der näheren Umgebung von Monopoli diverse Masserien. Hierbei handelt es sich um alte Gutshöfe, hinter deren historischen Fassaden sich heute oft luxuriöse Unterkünfte verstecken.
Im Land der Trulli Rund eine halbe Stunde von Monopoli entfernt erreicht man im landwirtschaftlich geprägten Hinterland den zum Weltkulturerbe zählenden Ort Alberobello. Hier prägen charmante runde Häuschen mit kegelförmigen Dächern das Stadtbild.
Die sogenannten Trulli, von denen es in Alberobello über 1000 Stück gibt, sind aus Kalkstein in Trockenbauweise ganz ohne Mörtel errichtet. Der Ursprung dieser Häuser reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück, als das damals herrschende Königreich Neapel auf den Bau neuer Siedlungen hohe Steuern erhob.
Heute herrscht in den Gassen der Trulli-Hauptstadt Alberobello vor allem tagsüber ein grosser Andrang. Abends bleiben aber nur wenige Tourist*innen in der Stadt, und man kann das spezielle Ambiente in aller Ruhe auf sich wirken lassen.
In der näheren Umgebung von Alberobello liegen weitere sehenswerte Ortschaften, die man keinesfalls verpassen sollte. Dazu zählen der kreisrunde Ort Locorotondo, dessen verwinkelte Gassen sich rund um die Hauptkriche San Giorgio Martire ausbreiten. Auch das Städtchen Martina Franca zählt mit seinen eleganten Palästen und barocken Fassaden zu den schönsten Städten Apuliens.
Ein architektonisches Kunstwerk Die zauberhafte Höhlenstadt Matera, ein weiteres Highlight Süditaliens, liegt in der Nachbarregion Basilikata. Der Abstecher hierher lohnt sich aber allemal, zählt diese Stadt doch nicht nur zum Welterbe der Menschheit, sondern ihr wurde in diesem Jahr auch der Titel «Europäische Kulturhauptstadt» verliehen. Matera beeindruckt vor allem mit ihren jahrhundertalte Felsenkirchen und den Sassi, in den Felsen gehauenen Höhlenwohnungen. Dieses verschachtelte Netzwerk aus Höhlen, Gassen und kleinen Plätzen wurde noch bis um 1960 bewohnt.
Da man sich in Rom jedoch plötzlich an den «schlimmen Zuständen im unterentwickelten Süden» störte, wurde ein Sondergesetz eingeführt, das die Umsiedlung der gesamten Bevölkerung aus den Höhlen in neue Wohnungen am Stadtrand vorsah. Die Sassi wurde daraufhin zur Geisterstadt, bis 1986 ein Umdenken stattfand und man sich wieder auf die eigene Geschichte besann. Seither werden die Häuser unter Aufsicht der Denkmalpflege instand gestellt und hat sich die Altstadt von Matera zu einer bekannten Touristenattraktion entwickelt, die jährlich fast eine Million Besucher*innen anlockt.
Zauberhafte weisse Stadt Zurück in Apulien ist auf der Fahrt in Richtung Süden die weisse Stadt Ostuni schon von Weitem sichtbar. Das auf einem Hügel liegende historische Zentrum bezaubert mit seinem dichten Gewirr von gewundenen und engen Gassen, Plätzen und Höfen. Über die lebendige Via Cattedrale gelangt man entlang zahlreicher Restaurants, Cafés und Gelaterias zur Spitze des Hügels. Dort befindet sich die Kathedrale der Stadt, die interessante Elemente der Romantik, Gotik und venezianischen Bauweise gekonnt verbindet.
Eine Stunde südlich erreicht man die Kulturstadt Lecce, die viele eindrückliche Gebäude im Barockstil aufweist. Das Amphitheater auf der Piazza Sant’Oronzo, das sich mitten im Zentrum befindet, wurde im 2. Jahrhundert unter Kaiser Augustus errichtet. Es hat in der Antike bis zu 25 000 Zuschauern Platz geboten. Von Lecce aus erreicht man nach rund 15 Kilometern die traumhafte Spiaggia d’Ayala, einen der beliebtesten Gaystrände Italiens. Hier sorgen puderfeiner Sand, kristallklares Wasser und die herrliche Kulisse für ein tolles Badeerlebnis. Nach erholsamen Stunden am Meer zieht es manchen Sonnenanbeter ins nahe Küstenstädtchen Gallipoli. Dort lässt sich der Sonnenuntergang von einer der zahlreichen Strandbars aus genüsslich mit einem Glas Prosecco in der Hand begutachten. Spätabends geht in Gallipoli die Party dann richtig los. Besonders angesagt sind die Open-air-Clubs am Strand von Samsara. Hier findet seit einigen Jahren jeweils Ende August die Italy Gay Summer Party statt, ein dreitägiger Event mit Partys und Showprogramm.
LGBTIQ-Life
Homosexuelle Handlungen sind in Italien grundsätzlich seit der Einführung des ersten Strafgesetzbuches im Jahre 1889 legal. Ein offenes schwules Leben ist jedoch bis heute in vielen Teilen des Landes schwierig. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Grundsätze der katholischen Kirche bis heute tief in der italienischen Gesellschaft verwurzelt sind. Nichtsdestotrotz hat in den grösseren Städten die Akzeptanz von LGBTIQ in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Insgesamt gesehen sind die nördlichen Landesteile gegenüber dem Thema Homosexualität aufgeschlossener als der Süden. Nach jahrelangen Debatten führte Italien im Mai 2016 als letztes westeuropäisches Land die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ein. Das Adoptionsrecht ist hingegen weiterhin heterosexuellen Paaren vorbehalten. In den Regionen Apulien und Basilikata konzentriert sich das schwullesbische Leben auf die grösseren Städte und die touristischen Hotspots, wo es jeweils einige Szenebars und -clubs gibt. In Gallipoli findet jährlich im August die «Salento & Puglia Pride» statt. Zudem geht im Juli in der Höhlenstadt Matera die «Matera Heroes Pride» über die Bühne. Mehr Informationen dazu auf guidagay.it
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