«Ah-oh!» – Die Teletubbies werden 25
Mittlerweile gibt es die erste Pride Fashion Collection, deren Erlös für eine bessere Akzeptanz von LGBTIQ ausgegeben wird
Als die BBC am 31. März 1997 die erste Folge der Teletubbies ausstrahlte, brach eine neue Ära des Kinderfernsehens an. Erstmals wurde TV speziell für die ganz Kleinen gemacht. Nicht alle fanden das gut. Aber der Erfolg war überwältigend.
Von Christoph Meyer, dpa
Rundlich, knuddelig, immer gut gelaunt: Seit 25 Jahren erfreuen die Teletubbies Kleinkinder auf der ganzen Welt. Doch als Tinky Winky, Dipsy, Laa-Laa and Po am 31. März 1997 erstmals beim britischen Sender BBC Two zu sehen waren, war die Aufregung erst einmal gross. Ein Fernsehprogramm speziell gemacht für die ganz Kleinen – das löste erregte Debatten aus. Nicht nur in Deutschland galt Fernsehen dem Bildungsbürgertum als schädlicher Zeitvertreib, von dem Kinder möglichst lange ferngehalten werden sollten.
Doch die Teletubbies eroberten die Welt im Sturm. Der Teletubbie-Song mit dem eingängigen Laut «Ah-Oh» stürmte 1997 sogar die britischen Charts und behauptete sich zwei Wochen lang auf Platz eins. Teletubbie-Spielsachen wurden zu einem Verkaufsschlager. In Deutschland kam die Serie erst zwei Jahre später ins Fernsehen.
Erwachsene konnten dem Programm oft nicht viel abgewinnen. Die vier pummeligen Wesen mit ihren koboldhaften freundlichen Gesichtern, grossen Ohren, Antennen auf dem Kopf und Bildschirm auf dem Bauch hopsen, laufen und purzeln umher und wiederholen oft immer wieder ähnliche Abläufe. Einzelne Szenen sind oft langgezogen, um den Kindern Zeit zu geben, das Gesehene zu verarbeiten.
Eltern waren auch besorgt, ihre Kinder könnten durch die Sendung in ihrer Sprachentwicklung beeinträchtigt werden. Die vier Figuren sprechen meist in einer Art Babysprache. Mit «Ah-oh» begrüssen sie ihre Zuschauer*innen, und zur Verabschiedung heisst es «Winke, Winke».
Doch die Sorgen seien unbegründet gewesen, sagt Professorin Sonia Livingstone im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Sozialpsychologin lehrt an der Abteilung für Medien und Kommunikation an der London School of Economics. «Die Produzenten haben sich viel mit kindlicher Entwicklung und frühkindlicher Bildung beschäftigt, um die Inhalte lehrreich und nützlich zu machen», erläutert sie.
Gerade die häufigen Wiederholungen und langen Reaktionszeiten bei den Dialogen kämen kleinen Kindern entgegen, meint Livingstone. Erwachsene dürften sich nicht selbst zum Massstab machen und glauben, Zweijährige würden neue Wörter auf dieselbe Weise lernen wie sie selbst, so die Wissenschaftlerin. Es komme nicht auf die Wörter an, die gesagt würden, sondern auf die Freude an der Kommunikation und das Hin und Her des Dialogs.
Insgesamt gebe es aber keinen wissenschaftlich nachweisbaren Nutzen für Medienkonsum bei Kinder unter 18 Monaten, sagt Livingstone. In ihrer Entwicklung förderlich seien Programme aber immer dann, wenn sie gemeinsam mit anderen geschaut würden und eine Interaktion in der echten Welt hervorrufen, beispielsweise gemeinsam zu tanzen oder das Teletubbie-Lied zu singen.
Viel kritischer betrachtet die Forscherin hingegen auf Kleinkinder zugeschnittene Auspackvideos, bei denen sich Menschen auf Youtube zusehen lassen, wie sie Spielsachen und anderes aus der Verpackung holen. Da gehe es offensichtlich nur um kommerzielle Interessen.
Einen Teletubbie in einer Sendung für Kinder im Vorschulalter als schwul zu bezeichnen, ist absurd.
Manch frommer Eiferer sah in der Sendung eine Gefahr für die Unschuld der kleinen Zuschauer. In einer Zeitschrift des US-Fernsehpredigers Jerry Falwell wurde der lilafarbene Teletubbie Tinky Winky wegen seiner Vorliebe für eine rote Handtasche und seiner dreieckigen Antenne als schwul und Gefahr für eine gesunde sexuelle Entwicklung von Kindern identifiziert. Ein Sprecher der damals für die Teletubbies verantwortlichen Produktionsfirma Itsy Bitsy Entertainment zeigte sich daraufhin empört: «Das ist eine Kindersendung, Leute», sagte er. Einen Teletubbie in einer Sendung für Kinder im Vorschulalter als schwul zu bezeichnen, sei «absurd».
Wenn auch nicht geplant wurde Tinky Winky tatsächlich für manche homosexuellen Erwachsenen zu einer Figur, mit der sie sich identifizieren konnten. Die Washington Post prophezeite dem als «schwulen Teletubbie» bezeichneten lila Helden in ihrer jährlichen In/Out-Liste, in Mode zu sein. Doch auch das zog die Kritik der Teletubbie-Verantwortlichen auf sich.
Inzwischen gehen die Macher der Teletubbies ganz entspannt mit dem Thema sexuelle Orientierung um. Im vergangenen Jahr wurde die erste Pride Fashion Collection der Teletubbies vorgestellt. Zu dem Motto «Teletubbies love pride» gibt es jetzt unter anderem T-Shirts, Corona-Masken und Mützen mit dem Schriftzug «Big Love Big Hug» zu kaufen, jedes der vier Worte in der Farbe eines Teletubbies. Die Erlöse gehen an eine Organisation, die sich für eine bessere Akzeptanz der LGBTQ-Gemeinschaft einsetzt.
Ein Vierteljahrhundert nach der ersten Ausstrahlung dürften viele der ersten Teletubbie-Fans inzwischen selbst Eltern sein. Für sie wird die Aufregung von damals wohl nur schwer nachvollziehbar sein.
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