«Abba Voyage» feiert Weltpremiere – mit König und Kylie

In London gab es eine kurze Reunion der Band

Abba im Queen Elizabeth Olympic Park (Foto: Ian West/PA Wire/dpa)
Abba im Queen Elizabeth Olympic Park (Foto: Ian West/PA Wire/dpa)

Erstmals seit 40 Jahren stehen die Stars von Abba wieder gemeinsam auf der Bühne. In London feierte die spektakuläre Konzertshow «Abba Voyage» ihre Weltpremiere. Ein emotionaler Moment für viele Fans und die Band selbst. Sogar der schwedische König tanzt mit.

Von Philip Dethlefs, dpa

Es ist kurz vor 21.00 Uhr, als es in der Abba Arena besonders laut wird. Die Show ist kaum vorbei, als die rund 3000 Zuschauer in der neu gebauten, hochmodernen Halle in London einen historischen Moment erleben. Unter grossem Applaus und lautem Jubel betreten Benny, Björn, Agnetha und Frida gemeinsam die Bühne – erstmals seit 40 Jahren (MANNSCHAFT berichtete). Die kurze Abba-Reunion ist ein emotionaler Moment für viele Fans. Viele hatten aber schon vorher Tränen in den Augen.

Abba
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Nach fünfjähriger Produktionszeit feierte «Abba Voyage» am Donnerstag Weltpremiere. In der rund 100-minütigen Konzertshow stehen allerdings nicht die leibhaftigen Abba-Mitglieder auf der Bühne, sondern ihre «Abba-tare» – voll animierte, digital verjüngte Versionen des Quartetts im 70er-Jahre-Look, die von einer zehnköpfigen Liveband begleitet werden. Modernste Technik von Industrial Light & Magic, der Firma von «Star Wars»-Schöpfer George Lucas, machte es möglich.

Mit «The Visitors» und «Hole In Your Sole» beginnt das ungewöhnliche Konzert etwas zäh. Auf einem gigantischen Bildschirm mit 65 Millionen Pixeln sieht es aber wirklich so aus, als stünden die jungen Abba-Mitglieder live auf der Bühne. Nur in den Grossaufnahmen, wie man sie von echten Stadion- und Hallenkonzerten kennt, erkennt man gelegentlich das Digitale. Mit «S.O.S.» kommt die Party in Ostlondon in Schwung.

Vor der Bühne befindet sich eine Tanzfläche, weiter hinten sind Sitzplätze. Auf der Zuschauertribüne wippt der schwedische König Carl XVI. Gustaf begeistert mit. Mit seiner Frau Silvia hat er mitten im Publikum Platz genommen. Später stehen beide auf und tanzen.

In der Menge sitzen neben Popstar Kylie Minogue, Pulp-Sänger Jarvis Cocker, Schlagersängerin Wencke Myhre, Supermodel Kate Moss und Londons Bürgermeister Sadiq Khan auch die echten Abba-Mitglieder. Agnetha (72) verfolgt die Show zunächst angespannt, singt dann aber mehrfach mit. Bei «Gimme! Gimme! Gimme!» lächelt sie Bandkollegin Frida (76) zu, die hinter ihr sitzt.

Zwischendurch hat jeder «Abba-tar» einen Soloauftritt. «Ich bin der echte Benny. Ich sehe nur sehr gut aus für mein Alter», sagt der digitale Benny unter dem Gelächter des Publikums. «Unser letztes Konzert in London war 1979. Hätte man mich damals gefragt, ob wir 2022 wieder hier auftreten, hätte ich ja gesagt.»

Kaum eine*r der Zuschauer*innen hat die Gruppe, die sich 1982 trennte, je live erlebt, auch die Präsidentin des Fanclubs «Abba Intermezzo» nicht, Regina Grafunder ist aus Deutschland angereist. «Die Show war total gigantisch», schwärmt sie. «Es war so echt, man fühlte sich in die 70er Jahre zurückversetzt – nur mit neuen Kostümen und auch mit Songs, die sie damals bei den Konzerten gar nicht gesungen haben.»

Tatsächlich sind bei «Abba Voyage» einige weniger bekannte Lieder zu hören. Aber Hits wie «Knowing Me, Knowing You», «Chiquitita» oder «Fernando» sorgen erwartungsgemäss am meisten für Stimmung – und für emotionale Reaktionen in der Abba-Arena. Viele können ihre Tränen über so viel ergreifende Nostalgie nicht verbergen.

Der Gesang stammt vom Band, von den alten Abba-Studioaufnahmen und von «Voyage», dem ersten Abba-Studioalbum seit 40 Jahren. Ulvaeus (77) hatte im dpa-Interview gesagt, die «alten Stimmen» seien so gut in den Sound integriert, dass es sich «ziemlich live» anfühlt. Er hat nicht zu viel versprochen. Die Kombination der Gesangsspuren der perfekt harmonierenden Sängerinnen mit der Liveband funktioniert.

Es ist absurd, aber es ist real.

Und es sieht einfach spektakulär aus. «Ich sehe mich tatsächlich selbst in der digitalen Figur», sagt Sängerin Agnetha. «Es ist absurd, aber es ist real.» Die Firma Industrial Light & Magic hat ganze Arbeit geleistet. Tausende von alten 35-mm-Negativen der Band und unzählige Stunden Konzertmaterial und TV-Auftritte wurden gescannt und analysiert. Haare, Fingernägel, Make-up – jedes Details sollte stimmen. Die digitalen Outfits im 70er-Jahre-Look stammen von mehreren Topdesignern, darunter Dolce & Gabbana.

Wenn sich die Fans zwischendurch ein Bier holen Auch die beiden neuen Songs «Don’t Shut Me Down» und «I Still Have Faith In You» werden in London gefeiert. Einziges Manko der Show sind zwei Lieder, bei denen nicht die Band zu sehen ist, sondern Zeichentrick-Filme. Für viele Besucher*innen ein Grund, Bier zu holen.

Als im letzten Drittel der Show «Thank You For The Music» erklingt, drehen sich viele Zuschauer zur Tribüne um, um ihren Idolen zu applaudieren. Bevor der Eurovision-Siegersong «Waterloo» gespielt wird, erinnert Björn daran, dass Grossbritannien den Schweden null Punkte gab. In der Halle sind scherzhafte Buhrufe zu hören.

Insgesamt 20 Songs bekommt das Publikum bei «Abba Voyage» zu hören. Mit «Dancing Queen» und «The Winner Takes It All» geht die Show zu Ende. Der Applaus in der Abba-Arena dauert noch lange an und wird lauter, als die echten Abba-Mitglieder zum vielleicht letzten Mal gemeinsam die Bühne betreten. Auch Benny, Björn und besonders Agnetha und Frida sind sichtlich gerührt und liegen sich in den Armen. 40 Jahre nach ihrem letzten gemeinsamen Auftritt ist der Kult um die legendäre schwedische Popband ungebrochen (MANNSCHAFT berichtete).

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