«Abba, das ist zuerst die Musik. Die Texte. Und dann die Looks»

Ein Interview mit dem legendären Kostümdesigner der Band

1974, Abba beim ESC in Brighton (Foto: Pressensbild/Scanpix Schweden/epa/dpa)
1974, Abba beim ESC in Brighton (Foto: Pressensbild/Scanpix Schweden/epa/dpa)

Abba werden 50: Seit ihrem Comebackalbum «Voyage» (MANNSCHAFT berichtete) und der Ankündigung der gleichnamigen Avatar-Show in London sind sie wieder in aller Munde – und Ohren. Mit über 200 Millionen verkauften Tonträgern gehören die Schwed*innen zu den erfolgreichsten Musiker*innen aller Zeiten. Mehrere Casinos in Las Vegas buhlen gerade darum, das Quartett wieder leibhaftig auf die Bühne zu bringen. Es geht um Milliarden.

Abbas legendärer Kostümdesigner (Karl) Owe Sandström (Jahrgang 1944) war ab 1973 ihr Kostümdesigner und erzählt vom ESC, von Madonna und nur ein kleines bisschen über die bevorstehenden Avatar-Shows.

Herr Sandström, wollten Sie für Abba von Anfang an Kleidung entwerfen, die etwas speziell Schwedisches hatte? Nein, nein, nein. Wissen Sie, ich bin auch Professor der Wissenschaft. Ich habe von 1963 bis 1970 an der Universität Pflanzenkunde, Chemie und Meeresbiologie studiert. Ich unterrichte seitdem junge Menschen, die Veterinäre werden wollen und arbeite mit Wildtieren. Zu den Abba-Kostümen habe ich mich unter anderem durch die Natur und den Zirkus mit seinen phantastischen Outfits, Epauletten und Kristallen inspirieren lassen. Und bis zu meinem 22. Lebensjahr war ich in Spanien auf Flamenco-Schulen, weil ich eigentlich Tänzer werden wollte. Ich war fasziniert vom Flamenco-Rhythmus und -Look. Am Ende entschied ich mich zwar für die Wissenschaft, aber meine Freundin ist Profitänzerin geworden.

Sie sind aber erst dank Abba Vollzeit-Modedesigner geworden? Vollzeit-Designer? Immer wenn Abba und all die anderen schwedischen Künstler auf Tour gehen wollten, bin ich ganz früh aufgestanden und habe in meinem Mode-Studio neue Entwürfe gemacht. Anschliessend bin ich in die Schule gegangen, um bis 16, 17 Uhr zu unterrichten. Dann habe ich mich mit meinem Schneider und den anderen Mitarbeitern getroffen, um zu besprechen, welche von den Entwürfen wir in die Tat umsetzen. Nachdem sie gegangen waren, war ich bis nach Mitternacht mit Dingen wie Befestigen, Ordnen und Besorgen des Materials beschäftigt. So ging es immer weiter. Sobald Abba von einer Tour zurückgekehrt waren, schmiedeten wir neue Pläne.

Was haben Sie gedacht, als Abba mit «Waterloo» und einem sehr effektvoll inszenierten Auftritt den Grand Prix von 1974 in Brighton gewannen? Dass die Kostüme für «Waterloo» ausnahmsweise nicht von mir stammten, weil ich zu der Zeit im Ausland war, um neue Stoffe für Abba einzukaufen. Aber ich habe alle anderen Kleider für sie entworfen. Deshalb bat ich eine gute Freundin, für Anni-Frid und Co hippieske Klamotten zu schneidern. Als sie den Contest gewonnen hatten, riefen sie mich an: «Owe, du musst nach Hause kommen, weil wir ein Video produzieren müssen! Abba made in Sweden für den Export. Es darf nicht zu sexy sein und auf keinen Fall folkloristisch.» So kam es zu der blauen und gelben Katze. Das sind nämlich die schwedischen Nationalfarben.

abba
abba

Würden Sie sagen, dass Ihre Outfits einen Teil des Massenerfolges von Abba ausmachten? Ja. Ein britischer Journalist sagte einmal: «Abba, das ist zuerst die Musik. Die Texte. Und dann die Looks». Hören Sie sich mal mit geschlossenen Lidern ihre Musik an, dann werden Sie vor Ihrem geistigen Auge unweigerlich diese Katzen sehen, diese Streifen, die weissen Outfits. Als Agnetha das erste Mal «Mamma Mia» performte, trug sie ein Leopardenkostüm von mir – mit spanischen Volants. Das ist Latino-Style. Für «The Girl with the golden Hair» entwarf ich für Björn eine sehr kurze Bolero-Jacke.

Ihre Mode hat nicht nur Abba, sondern die 1970er Jahre insgesamt geprägt. Woran machen Sie das persönlich fest? Madonna liess sich zu ihrem Song «Hung Up» von Abbas «Gimme! Gimme! Gimme! (Man after Midnight)» inspirieren. Und sie wollte etwas Optisches haben, das dazu passt. Also bat sie den französischen Modemacher Jean-Paul Gaultier, mich zu fragen, ob er mein blau-weiss gestreiftes Kostüm komplett kopieren dürfe. Madonna wolle es gern für eine Performance in Las Vegas benutzen.

Ein paar Jahre später traf ich Gaultier persönlich und musste feststellen, dass er eine ganze Kollektion produziert hatte, die bis ins Detail von meinen Abba-Designs inspiriert war. Er schlug vor, dass wir zusammenarbeiten. Aber ich hatte zu der Zeit unheimlich viel als Lehrer und mit meinen Tieren zu tun. Ich bin auch Designer und Direktor der grössten Indoor-Performance der Welt, der Sweden International Horse Show. Wir haben bereits mit den königlichen Gala-Pferden gearbeitet.

Sie glauben nicht, was mir alles angeboten wird.

Wird man Ihre spektakulären Kostüme bei der virtuellen Abba-Show ab dem 27. Mai in London wiedersehen? Sandström: Ja. Wie Sie sicher wissen, ist es eine rein digitale Performance. Ich wurde gebeten, erst darüber zu sprechen, wenn Abba das Ganze offiziell gestartet haben. Es ist eine Geschichte über Abba, aber man weiss nie, was dort alles passieren wird. Ich bin jedenfalls gespannt, denn ich habe von ihnen eine Einladung bekommen. Sie legen grossen Wert darauf, dass ich keine Galaabende mit Kunden veranstalte, bei denen ich über Abba-Internes spreche. Sie glauben nicht, was mir alles angeboten wird.



Die Eintrittskarten für die Avatar-Show werden im Netz bereits für vierstellige Summen gehandelt. Wesentlich günstiger sind da die Tickets für die offizielle Tributeshow Abbamania, die ab dem 13. März durch Deutschland tourt und an der Originalbandmitglieder beteiligt sind.

Abbamania «Super Trouper»-Tour 2022: 13.03.2022, 19:00 Uhr, Riesa, SACHSENarena 15.03.2022, 20:00 Uhr, Braunschweig, Volkswagen Halle 16.03.2022, 20:00 Uhr, Hannover, Swiss Life Hall 17.03.2022, 20:00 Uhr, Hamburg, Barclays Arena 19.03.2022, 20:00 Uhr, Magdeburg, GETEC-Arena 20.03.2022, 20:00 Uhr, Köln, LANXESS arena 22.03.2022, 20:00 Uhr, Erfurt, Messe 23.03.2022, 20:00 Uhr, Berlin, Mercedes-Benz Arena 24.03.2022, 19:00 Uhr, Stuttgart, Porsche Arena 25.03.2022, 20:00 Uhr, Frankfurt am Main, Festhalle Frankfurt 26.03.2022, 20:00 Uhr, Nürnberg, ARENA NÜRNBERGER Versicherung 27.03.2022, 19:30 Uhr, Wien, Wiener Stadthalle – Halle D 30.03.2022, 20:00 Uhr, München, Olympiahalle München 31.03.2022, 20:00 Uhr, Mannheim, SAP ARENA 01.04.2022, 20:00 Uhr, Oberhausen, König-Pilsener-ARENA 02.04.2022, 20:00 Uhr, Zürich, Samsung Hall

Unterstütze LGBTIQ-Journalismus

Unsere Inhalte sind für dich gemacht, aber wir sind auf deinen Support angewiesen. Mit einem Abo erhältst du Zugang zu allen Artikeln – und hilfst uns dabei, weiterhin unabhängige Berichterstattung zu liefern. Werde jetzt Teil der MANNSCHAFT!

Das könnte dich auch interessieren